Inhalt der Printausgabe

November 2001


Kein Witz!


Auch wenn es schwerfällt, manchmal muSS man Abschied nehmen von liebgewordenen Dingen und Gewohnheiten. Das hat sich besonders in den vergangenen Tagen und Wochen gezeigt: Treppengeländerrutschen im WTC, Afghanistan, unbekümmertes Wegschniefen von weißem Pulver, das per Briefumschlag in die Redaktion kommt - all das ist ein für allemal vorbei.
Und so trifft es uns nicht sonderlich unvorbereitet, daß Günter Grass, Jockel Fischer und Peter Scholl-Latour soeben bei nur einer Gegenstimme (Roberto Blanco: "Ein bißchen Spaß muß sein!") das Ende der Spaßgesellschaft ausgerufen haben.
Martin Sonneborn, Chefredakteur
Martin Sonneborn,
Chefredakteur
Nicht, daß uns das gänzlich unberührt ließe; schließlich verstand sich TITANIC neben Focus und Guido Westerwelle immer als Zentralorgan der Fun-Generation und konnte deshalb, statt ständig teure Artikel anzukaufen, einen Großteil der Seiten mit billigen Witzen füllen.
Aber genau damit ist jetzt Schluß! Wundern Sie sich also nicht, wenn Ihnen dieses Heft ein wenig anders erscheint als die vorangegangenen 264 Ausgaben: eine Nuance nachdenklicher vielleicht, etwas ernsthafter möglicherweise, auf jeden Fall aber ohne jeglichen Witz.

Betender Globus
Wir können auch anders: Darüber lacht garantiert kein Schwein!

Für den unwahrscheinlichen Fall, daß sich doch irgendwo ein Hauch von Pointe eingeschlichen haben sollte, bitten wir um Entschuldigung; schließlich ist das auch für uns eine etwas ungewohnte Situation.

Bei aller neuen Ernsthaftigkeit jedoch sind wir eins natürlich weiterhin - extrem solidarisch mit den Irren Schröder ("Wir sind alle Amerikaner!") und Bush ("Wir auch!"). Aus diesem Grunde haben wir mit Hilfe engagierter Frankfurter Bürger eine Auswahl anrührender Solidaritätsfotos (Seite 12 ff.) produziert, die Sie auch auf der TITANIC-Homepage finden. Von dort aus können die Bilder durch das Internet hindurch direkt an beliebige US-Adressen versandt werden. Und für Leser, denen etwa die Mail-Adresse von George Bush fehlt, haben wir einen besonderen Service eingerichtet: Ihre Botschaft wird automatisch an die richtige Stelle weitergeleitet, wenn Sie einfach die Worte "Anthrax, Bomb, President, Allah" dazuschreiben.
Im Namen der gesamten Redaktion wünsche ich Ihnen schöne Kriegserlebnisse!

Herzlichst, Ihr
Martin Sonneborn


Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg