Inhalt der Printausgabe

März 2001


Raue Zeiten



Liebe Titanic-Leser!

"War es wirklich Samenrau?" So oder so ähnlich titelten deutsche Boulevard-Blätter in den vergangenen Wochen wiederholt, wenn es um das uneheliche Baby von Angela Ermakova aus London ging. Zum Glück gilt aber nach einem Gentest mittlerweile als sicher, daß nicht das deutsche Staatsoberhaupt der Vater ist, sondern der ehemalige Tennisspieler Boris Becker.
Martin Sonneborn, Chefredakteur
Martin Sonneborn   
Chefredakteur   

Sehr verehrte Hannelore Hoger!Mit etwas Phantasie können Sie sich vielleicht das Aufatmen vorstellen, das hier durch die Redaktion ging, als Becker sich zur Zeugung in der Wäschekammer eines Hotels bekannte! Nachdem uns bereits durch Prügelminister Fischer ein kaum wieder gutzumachender Ansehensverlust im europäischen Ausland entstanden ist, wäre eine Bild-Schlagzeile wie "Samenrau: Ja, ich bin der Vater!" wohl das letzte, was wir uns gewünscht hätten.
Bzw. das vorletzte. Das allerletzte wäre die gleiche Schlagzeile auf dem Titel von TITANIC gewesen. Die finanziellen Konsequenzen eines solchen Titels lassen sich anhand der drei juristisch umstrittenen Fälle des vergangenen Jahres relativ genau beziffern: zwischen null und 600 Millionen Mark (306,775 Mio. Euro) Schmerzensgeld. Insgesamt null Mark Geld bekam nämlich Hannelore Hoger in diesen Tagen völlig zu Recht vom Amtsgericht Berlin zugesprochen (aber zumindest die Übernahme der Gerichtskosten, hihi), nachdem sie wegen eines "Briefes an die Leser" Klage eingereicht hatte.

Die Summe von 600 Millionen Mark (306,775 Mio. Euro) Schadensersatz andererseits stand drohend im Raum, als ich mich im August mit einem DFB- und Beckenbauer-Anwalt im Hotel Marriott in Stuttgart traf, um ganz unverbindlich über die folgenreiche Bestechung zu plaudern, mit der TITANIC die deutsche Bewerbung um die WM 2006 unterstützt hatte. Die Portokassenlage der Redaktion ließ mir damals keine Wahl: Mit zusammengebissenen Zähnen - immerhin ziemt sich bei derartigen Verhandlungen kein lautes Lachen - unterschrieb ich dem DFB eine Verpflichtungserklärung, diese Aktion Zeit meines Lebens nicht zu wiederholen. Die älteren Herren von der Gegenseite sahen dafür von ihrer Anzeige ab.

Ein ganzes Stück mehr als diese Unterschrift, nämlich eine Entschuldigung in der Februar-Ausgabe sowie gute 10000 Mark kostete uns dagegen ein Editorial, in welchem unter grober Verletzung jeglicher journalistischer Sorgfaltspflicht über die mögliche Erkrankung des Bundespräsidenten an BSE spekuliert wurde (TITANIC 01/2001). Gegen den Aufmarsch von gut 50 Rechtsanwälten standen wir mit einer einzigen Rechtsberaterin auf verlorenem Posten; zumal offenkundig war, daß in den ersten Instanzen kaum ein Kölner Gericht gegen Joh. Rau entscheiden würde und das Prozeßkosten-Risiko für ein Durchfechten der Sache bis vor den BGH auf 120000 Mark beziffert wurde.

Aber wir sind ja nicht nachtragend, die Fälle DFB, Hoger und Rau damit für uns abgeschlossen. Jedenfalls vorerst. Und natürlich nur, solange sich nicht herausstellt, daß einer dieser drei möglicherweise doch BSE hat bzw. in der Wäschekammer gemauselt. Oder sogar beides?

Herzlichst Ihr
Martin Sonneborn


PS: Wenn Sie mögen, dürfen Sie diese Unterschrift ausschneiden und behalten. Extremen Sammlern ist sie bis zu 600 Millionen Mark wert (306,775 Mio. Euro)!


Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt