Inhalt der Printausgabe
Januar 2001
Rinderwahn! |
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Wenn man derzeit einmal zufällig mit aufgebrachten Bauern, Bild-Lesern oder Sodomisten ins Gespräch kommt, scheint es nur ein einziges Thema zu geben: Rinderwahn! Ein Thema, das auch uns hier in der Redaktion gründlich den Appetit verdorben hat, zumindest seitdem sich in Deutschland erstmals ein Mensch infizierte. Das Grauen hat einen Namen - drei Buchstaben, die für Hirnerweichung stehen, für völlige Sprach- und Orientierungslosigkeit: RAU. |
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Seit über zwei Jahren schon informiert TITANIC die Öffentlichkeit kontinuierlich über den neusten Stand im Fall RAU - vergebens! Die ganze Zeit über haben Spitzenpolitiker aller Couleur die Existenz von Rinderwahnsinn in Deutschland bei Mensch und Tier bestritten. Wie sich heute herausstellt, oftmals wider besseres Wissen, denn sie alle hatten fast täglich Umgang mit RAU, hatten das schreckliche Leiden direkt vor Augen. War es die Angst, sich ebenfalls infiziert zu haben, bei einem Hintergrundgespräch im Bundespräsidialamt? | |||
Das infektiöse Prion gilt als ungheuer robust. Es stirbt in Natronlauge oder unter extrem hohen Temperaturen | |||
Sogar als der Bundespräsident bereits deutliche Anzeichen der furchtbaren Seuche aufwies, wurde das Risiko weiter verharmlost. "Keine Gefahr für den Verbraucher", hieß es aus Landwirtschafts- und Gesundheitsministerium noch, als RAU vor dem Untersuchungsausschuß zur Flugaffäre schon grobe Lücken im Gedächtnis offenbarte, als er wenig später in den heimischen Wänden unkontrolliert gegen Einrichtungsgegenstände zu torkeln begann (TITANIC 5/2000). Wieder und immer wieder haben wir in dieser Zeit gefordert, den frei herumreisenden, möglicherweise hochinfektiösen Prionenklumpen aus dem Verkehr zu ziehen, seinen Körper der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen und entwürdigende Tierversuche daran vorzunehmen. Es hat nichts gefruchtet. Anstatt wenigstens schon mal Risikomaterial wie Hirn, Rückenmark und Augen sicherzustellen, hat man der wandelnden Wuppertaler Zeitbombe bis heute lediglich eine Niere und ein Stück Bauch-Aorta entnommen - Fleischstücke, in denen sich der Wahnsinn beim derzeitigen Stand der Forschung kaum nachweisen läßt! Wann endlich gibt es eine offizielle Fragestunde zu diesem Thema? Was hat der SPD-Politiker, möglicherweise aus Scham, zu verbergen? Wurde im Schloß Bellevue zu viel Tiermehlkuchen verfüttert? Oder ist ihm eine verhängnisvolle Leidenschaft, eine unglückliche Tierliebe zum Verhängnis geworden? Schon eine simple Obduktion könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Frage klären, über der weltweit die Forscher brüten: Vom Schaf über das Rind zum Bundespräsidenten (oder umgekehrt?!) - wie konnte der tödliche Schwamm den Sprung über die Artengrenze schaffen? Wozu immer sich die Verantwortlichen in dieser Situation entschließen, eines jedenfalls muß gewährleistet sein: Auch nach einer möglichen Notschlachtung darf der Bundespräsident unter keinen Umständen in die Nahrungskette gelangen! Der Gedanke, Teile von Joh. RAUs Hirn würden z.B. die aus Innereien und minderwertigen Fleischresten bestehenden Hamburger verunreinigen, hat schon etwas bestürzend Ekelhaftes.
Herzlichst, Ihr
Martin Sonneborn |