Inhalt der Printausgabe

Februar 2001


"SchröDerwisch & weg"
(Seite 3 von 6)

Und bekommt. Denn endlich greifen alle acht zu den Mikrophonen, ein geharnischter Song steht an: "Die Bundestagskanti(a)ne(r)". Zum Glück hilft wiederum eine Fußnote im Textheft. "Helmut Schmidt sagte einmal, unter den Abgeordneten gebe es wesentlich mehr Kantianer als Hegelianer..." Die Nummer selbst ist dann ein Meilenstein frivoler Gastrokritik, dargeboten in einer atemberaubenden Choreographie:
Als Gabel verkleidet, piekst die Grüne Ulrike Höfken in ein am Boden liegendes Rotwildmenü (Eckhart Kuhlwein); beide singen: "Mal gibt es Becksteinpilz an Burkhard Hirschragout / mal auch Ströbelenden mit Schily con Carnevallenstein'schen Reformen und Scharpingwer!" Dann stößt von rechts ein Messer hinzu (SPD-Frau Jella Teuchner), rollt eine mannshohe Partykirsche (Axel Fischer) auf die Bühne, Reinhold Hemker (SPD) kotzt die Höfken voll, die Zeilen "Zum Nachtisch ein Glos Thiersebrei / wahlweise Kantheramisu mit Löffelbisk(y)uits" werden schmetternd simultangejodelt - bis es dann zum souverän plazierten Bruch kommt: "Das alles schmeckt nicht gut, nicht gut!" ruft der Mann am Klavier, "wie wär' es mal mit Stoiberliner Ballen?!" Ulrike Mehl übernimmt den dankbaren Schlußpart: "Oder einszwei Schei(äu)ble Spanmerkel mit Joschkartoffeln? / Das wär doch auch (lec)kerstin Müller von den Grünen..."
Lange, parteiübergreifende Standing Ovations. Viel war im Vorfeld spekuliert worden, ob "Die Wasserwerker" ihre legendäre Bonner Spritzigkeit nach Berlin würden hinüberretten können. Nun wird klar: Das scharfzüngige Oktett ist fast noch giftiger geworden. Für die nächste Nummer werfen Hella Teuchner und Eckart Kuhlwein in Sekundenschnelle Nonnenkittel und Taucherbrille über, dann legt die Teuchner auch schon los: "Ich bitte um absolute Rühe!"
Nervös erhebt sich der "Genannte", sieht sich als Opfer antiautoritären Mitspielzwangs, wird jedoch von der Scharfzüngigen wieder auf die Plätze verwiesen: "Alle Achtung, Volker hört die Signale! Aber Sie können sich ruhig widersetzen. Take it gysi!" Begeistert schmeißt schon hier Frau Wagenknecht laut glucksend hundert rote Rosen auf die Bühne, Teuchner dankt es ihr mit einem phantastischen Bonmot: "Da rede noch einer von der kommunistischen Plattformkrise!"

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt