Inhalt der Printausgabe

April 2001


MIR-Alarm in Bleicherode!
(Seite 3 von 8)

Frau B.
Alt-Krenzlin

Absturz TITANIC ...haben Sie in der letzten Zeit irgendwas Auffälliges am Himmel bemerkt?
Krenzlin Nein, nicht daß ich wüßte.
TITANIC (beruhigt) Also keinen Lärm? Oder daß etwas runtergekommen ist? Es geht um den Absturz der Raumstation MIR.
Krenzlin (unsicher) Ich glaube nicht, ich war aber fast noch nicht draußen heute.
TITANIC Wir wollen das ja ganz kontrolliert runterholen. Haben Sie nicht eine große freie Fläche vor dem Haus?
Krenzlin (zögernd) So riesengroß nicht.
TITANIC Wie groß denn ungefähr?
Krenzlin Na ja, so Blumengarten, 20 Meter lang und vier, fünf Meter breit, so ungefähr.
TITANIC Ich meine, so viel wird ja nicht übrigbleiben von den 140 Tonnen, die Station wird überwiegend verglühen in der Atmosphäre und… Wie ist denn Ihr Haus gebaut?
Krenzlin (aggressiv) Sagen Sie mal, erzählen Sie mir hier Witze?
TITANIC (beruhigend) Nein, es geht um die MIR, Sie haben doch sicherlich in der Bild-Zeitung gelesen, daß...
Krenzlin Ja! Bild-Zeitung hab ich ja nicht, aber bei uns mag das auch drin-stehen.
TITANIC Da steht dann auch, daß es eine Restwahrscheinlichkeit für den Absturz gibt. Und deswegen wäre es sehr schön, wenn man das auch gezielt runterbringt.
Krenzlin (verärgert) Das soll ausgerechnet hier runterkommen?
TITANIC Das ist noch nicht sicher, aber Sie liegen halt in der Fluglinie!
Krenzlin Ach so. Na, am Ende der Straße ist 'ne größere freie Fläche.
TITANIC Was steht da?
Krenzlin Das ist nur Land. Da stehen ein paar Häuser, und dahinter kommt ein Stück freies Feld, also Land.
TITANIC (interessiert) Sind da wertvolle Gebäude in der Nähe oder Kulturgüter?
Krenzlin Nein, wenn es da runterkommt, da kann eigentlich nichts passieren!
TITANIC Wie finde ich das denn auf der Karte?
Krenzlin Am Ende der Lerchenstraße, ganz am Ende.
TITANIC Gut. Es ist noch nicht sicher, daß wir das bei Ihnen machen, wir checken nur die ganze Fluglinie. Achten Sie aber bitte auf unsere Durchsagen im Radio...

Das hört sich schon ganz einladend an. Allerdings könnte Frau B. auch verhaltensgestört sein oder einem mißliebigen Nachbarn in der Lerchenstraße eine kleine Überraschung bereiten wollen. Machen wir also den Gegentest am Ende der Straße:

Herr H.
Alt-Krenzlin

TITANIC ...und wir suchen jetzt ein Stück, auf dem wir die MIR runterholen können. Haben Sie da ein großes Stück Land irgendwo?
Krenzlin (überrascht) Ja, hoho, wie groß soll das denn sein?
TITANIC Es müßte schon so ungefähr… na, es kommt eigentlich drauf an, wie genau wir das treffen. Es wird so auf 100 Meter genau sein, nehm ich mal an. Wie groß ist das denn bei Ihnen?
Krenzlin Ich kann das auch nicht schätzen, ich weiß nicht. Ein Kuhstall ist da noch dran…
TITANIC Hm. Ist der wertvoll?
Krenzlin (besorgt) Ja! Das sind ja noch Kühe drin!
TITANIC Gut, aber Kühe sind ja im Moment eh nicht so teuer. Sind da auch Menschen?
Krenzlin Also am besten, Sie würden sich das anschauen vorher!
TITANIC (bedauernd) So viel Zeit haben wir leider nicht, das soll ja schon am 18. runtergehen, und wir kucken nur, wo das am billigsten wird.
Krenzlin Nee, also ich kann dir das nicht sagen, ich halt mich da raus! Das ist nämlich gar nicht so einfach, ich sag Ihnen das so und so, und nachher stimmt das nicht!
TITANIC Wie raushalten? Wenn das da runterkommt, dann kommt das da runter! Du, das Ding ist 35 Meter lang...
Krenzlin (abwehrend) Also das sagt mich nicht an! Ich weiß es nicht! Erkundigen Sie sich beim Bürgermeister. Oder rufen Sie mal meinen Nachbarn an, das ist ein Herr T.
TITANIC Hat der mehr Platz oder wie?
Krenzlin (störrisch) Ja, nein, der wohnt hier auch, fragen Sie den mal, denn ich spreche Ihnen das nicht zu!
Krenzlin Aber wenn der das zusagen würde, würde Sie das nicht stören?
TITANIC Ja, nee, machen Sie das mal, der ist in der Gemeindevertretung, rufen Sie den mal an! Ich danke!

Bitte, gerne. Allmählich finden wir Gefallen am anvisierten Landeplatz. Vorsichtshalber fragen wir aber schnell noch mal, ob auch Nachbar T. mit unserem Notfallplan einverstanden ist.

Martin Sonneborn


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/i nnen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt