Inhalt der Printausgabe
April 2001
Vom Fachmann für Kenner (Seite 10 von 12) |
Hessen auf Rädern Im Schwabenland Taxis sind toll. Man kann es darin auf dem Rücksitz treiben. Oder Leute interviewen. Oder mit dem Fahrer sprechen, wenn er kein "Bitte nicht mit dem Fahrer sprechen"-Schild ans Armaturenbrett montiert hat. Voraussetzung dafür ist aber, daß man ein Taxi bekommt. Das ist nicht überall in Deutschland gegeben. Ich möchte sogar sagen: Das Taxinetz in Deutschland ist unterentwickelt, ja, wir sind bestenfalls ein Taxischwellenland! Und ich habe alarmierendes Beweismaterial. Selber erlebt. Stand ich doch in voller Montur für eine anstehende Testamentseröffnung am Bahnhof eines schwäbischen Provinzstädtchens. Griff zu meinem Mobilfernsprechgerät und wählte optimistisch die Nummer, die auf dem großen Taxi-Telefon-Schild angegeben war. Ging eine Dame ran, die sich als Taxizentrale ausgab. Sagte ich "Guten Tag, ich hätte gerne ein Taxi am Bahnhof." Sagte die Dame "Do hodd grad schommol oinr agrufa wo des hod wella an sellem Boahoff." (Da hat eben schon mal einer angerufen, der wo das möchte an selbigem Bahnhof.) Sagte ich: "Das hilft mir gar nix, ich brauch trotzdem eines." Sagte Sie: "Ja do muss i jetzad erschd amole gugga. Wiederhören." (Ja, also, da muß ich jetzt erst einmal meine Aufzeichnungen und Vorschriften für den seltenen Fall einer Doppeltaxibestellung am Bahnhof konsultieren. Wiederhören.) Und legte einfach auf. So kam es, daß ich die eineinhalb Kilometer zur Testamentseröffnung zu Fuß ging. Das gab mir immerhin Zeit, mich zu sammeln und froh zu sein, daß ich in einer besser entwickelten Provinz lebe. Was wieder einmal beweist: Froh zu sein bedarf es wenig. Ira Strübel
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