Inhalt der Printausgabe

Ohren zu und durch! | Punkt elf (circa)!

Zwischen Warn und Wirklichkeit

Ein Glossar zum bundesweiten Warntag am 12. September von ABC bis Z

ABC-Alarm

Synonym für die aktuelle Bildungskatastrophe in Deutschland; die fällt allerdings nicht in unseren Zustendigkeitsbereich.

BBK

Das sind abgek. wir: das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit Sitz in der untergegangenen Hauptstadt Bonn. Gemeinsam mit den Ländern und Kommunen haben wir den Aktionstag vorbereitet, um die technische Warninfrastruktur einer Belastungsprobe zu unterziehen und die Bevölkerung zu sensibilisieren. Oder war es umgekehrt? Wir fragen zur Sicherheit bei unserem Chef nach und melden uns dann wieder (Lautsprecherdurchsagen beachten).

Cell Broadcast

Kostenloser Infodienst, der erstmals beim zweiten bundesweiten Warntag am 8. Dezember 2022 getestet wurde. Fun Fact: Auf Mobiltelefonen, die die Bezeichnung des US-amerikanischen Emergency Alert System verwendeten, wurde statt »Warnstufe 1« oder »Warnung auf höchster Stufe« die Meldung mit »Benachrichtigung des Präsidenten« betitelt. Das dumme Gesicht von Frank-Walter Steinmeier beim Blick auf sein I-Phone können Sie sich vorstellen.

Datum

Am Donnerstag, den 12. September gegen 11:00 Uhr – haben Sie nicht aufgepasst? Das stand doch alles schon oben. Legen Sie lieber mal das Smartphone beiseite.

Entwarnung

Soll gegen 11:45 Uhr erfolgen, vorausgesetzt, es tritt kein echter Ernstfall ein, dann hätten wir ein Problem. Wer erinnert sich nicht an die Äsop-Fabel vom Hitlerjungen, der aus Langeweile falschen Alarm schlägt (»Hilfe, ein Wolf!«) und dem die Menschen beim zweiten Mal (»Hilfe, alliierte Bomber!«) nicht mehr glauben, woraufhin Dresden mitsamt seinen Schafherden in Schutt und Asche gelegt wird.

Folgetonhorn

Akustische Einrichtung an Fahrzeugen zur Abgabe von Signaltönen, auch als Martinshorn bekannt. Das Tonintervall einer aufsteigenden, reinen Quarte wird aufgrund seiner Verwendung beim Karnevalstusch als nationales Warnzeichen assoziiert (erreicht leider nicht jeden).

Grenzen

An die, wie bei jedem Stresstest, auch diese Notfallübung stößt: neun.

Himeropa

Eine der Sirenen mit 8 Buchstaben … okay, okay, wir haben bei kreuzwortraetsel.de gelinst!

Informationstafeln, digitale

Weisen, so kein Blackout herrscht, auf eine drohende Gefahrenlage hin, z.B. einen Blackout.

Jodtabletten

Gehören nach wie vor in jeden prall geprepperten Notvorrat. Wer weiß, wie schnell nach ihrer Machtergreifung 2025 Union und AfD den Ausstieg aus dem Atomausstieg durchs Parlament jagen werden! Vorausgesetzt, Ihre Stadt oder Gemeinde verfügt über ein funktionierendes Sirenenwarnnetz, bietet der bundesweite Warntag Gelegenheit, zwischen 11:01 und 11:45 Uhr Ihre Bestände auf zivilisierte Art und Weise aufzustocken – ohne den Apotheker anschreien zu müssen.

Katastrophe

1.) Klopft nicht an, 2.) fragt nicht, ob sie eintreten darf und 3.) kommt meist unerwartet. Woher wir das wissen? »Eine Katastrophe klopft nicht an und fragt, ob sie eintreten darf. Sie kommt meist unerwartet und darauf müssen wir vorbereitet sein« (Herbert Reul, CDU, nordrhein-westfälischer Innenminister).

Lalülala

➙ Tatütata

MoWaS

Mowas? Ach so! MoWaS steht für Modulares Warnsystem. Über ein satellitengestütztes Netzwerk wird ein Warntext an alle angeschlossenen Warnmultiplikatoren (Rundfunksender, App-Server, die Tratschtante aus dem 1. Stock) gesendet und an die Bevölkerung weitergeleitet. Eine Usability-Studie zur Optimierung von MoWaS an der TU München (Fachbereich Klugscheißen) hat ergeben, dass das »S« im Namenskürzel verzichtbar ist, es heißt ja nicht »Modulares Warn System« ➙ ABC-Alarm.

NINA, KATWARN, BIWAPP

Warn-Apps, deren störungsfreie Anwendung einer ständigen Aktualisierung bedarf, v. a. des Grundgesetzes, Artikel 3: »Niemand darf wegen seiner iOS- oder Android-Version benachteiligt werden.« Wir arbeiten dran!

Onomatopoesie

➙ Lalülala

PLZ und Ort

Qualitätskrach

Musik in unseren Ohren: eine Kakophonie aus millionenfachem Warn-App-Gemöpe, heulenden Sirenen, heulenden Kindern, Hundegejaule und dem dröhnenden Schweigen der Mehrheitsgesellschaft zur Ahrtalflut.

Reul, Herbert

➙ Katastrophe

Ssssssssssssss

Achtung, asiatische Tigermücke direkt hinter Ihnen!

Tatütata

➙ Onomatopoesie

U

Uiuiui, in unserem offiziellen Glossar (vgl. www.bbk.bund.de/DE/Infothek/Glossar/glossar_node. html) findet sich kein Unterbegriff mit diesem Anfangsbuchstaben. Nicht, dass es deswegen zu Unmut, Unruhen oder Umsturzversuchen kommt.

Varanus

Lat. Bezeichnung für den Waran. Während am 22.08. der Tag der Fische begangen wird, der Nabu jedes Jahr zum 30.04. den Tag des Wolfes ausruft und selbst der unnütze Regenwurm am 15.02. feiern darf, gibt es bisher noch keinen bundesweiten Waran-Tag. Just saying.

Warner Bros.

Gelten dank ihrer Schreckensszenarien über Wirbelstürme, Atomapokalypsen und Angriffe von mutierten Riesenechsen als geistige Urväter aller Probealarme. 2023 wurden die vier Geschwister Harry, Albert, Samuel und Jack L. gemeinsam mit Herbert Reul posthum (die Warners, nicht Reul) in die Hall of Fame des BBK aufgenommen.

X, Satz mit

»Das war wohl’n Warnmittelmix.«

Yelp-Signal

Nicht DIN-normiertes und damit in Deutschland verpöntes Sondersignal (»Wiuiuiuiuiuiu«); ersparen Sie uns bitte weitere Verweise auf die Buchstaben L, O und T.

Ziel

BBK-Präsident Ralph Tiesler hat sich gemeldet. Es ist tatsächlich so, dass am bundesweiten Warntag die technische Warninfrastruktur sensibilisiert und die Bevölkerung einer Belastungsprobe unterzogen werden soll. Ja, in 00000 Bundesrepublik Deutschland. Wie: wann? Am Donnerstag, den 12. September um 11:00 Uhr! Herrschaftszeiten, haben Sie hier überhaupt irgendetwas mitbekommen? Letzte Warnung! Handy aus jetzt, aber sofort!


Daniel Sibbe

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Huch, Wolodymyr Selenskyj!

Laut Spiegel wollen Sie »überraschend nach Deutschland reisen«. Verständlich, Flugzeug oder Zug werden auf Dauer ja auch langweilig. Interessiert, ob Sie stattdessen einen Tunnel graben, mit einem Zeppelin fliegen oder doch per Faltkanu heranschippern, wünschen Ihnen in jedem Fall eine gute Reise

Ihre Travelguides von Titanic

 Stefan Schlatt, Reproduktionsbiologe an der Uni Münster!

Sie gaben im Zeit-Wissensteil ein ganzseitiges Interview, das wie folgt betitelt wurde: »Der Hoden ist der Kanarienvogel des Mannes«. Eine billige Masche der Zeit, mit einer bizarren Überschrift Neugier zu wecken, das war uns sofort klar. Dennoch wollten wir natürlich wissen, in welchem Zusammenhang Sie das oben Zitierte von sich gaben.

»Der Testosteronspiegel des Mannes geht nur langsam zurück, vor allem, weil er im Alter immer dicker wird und nicht mehr so gesund ist wie mit 25. Dies zeigt sich dann an der Hormonproduktion im Hoden. Bergleute haben früher Kanarienvögel mit unter Tage genommen, die Alarm schlugen, wenn die Luft dünner wurde. Man könnte sagen: Der Hoden ist der Kanarienvogel des Mannes.«

Wo sollen wir anfangen, Schlatt? Der Kanarienvogel diente Bergleuten als Indikator für die sinnlich nicht wahrnehmbare Gefahr der Kohlenmonoxidvergiftung. Diese soll in Ihrer Metapher wohl der niedrige Testosteronspiegel sein, der nicht etwa durch das Übergewicht, sondern nur durch den Hoden zu erkennen ist. Und das geschieht wie, Schlatt? Schlägt der Hoden Alarm, indem er laut zwitschert? Sind die Kanarienvögel unter Tage nicht vielmehr verstummt und tot umgefallen? Und was ist in Ihrer Analogie eigentlich der Käfig für den singenden Hoden?

Fest steht hier im Grunde nur eins: Bei Ihnen piept es gehörig – im Kopf und in der Hose.

Tirili: Titanic

 Philipp Bovermann (»SZ«)!

Früher hatten Sie Angst vor der Klimakatastrophe. Heute sind Sie Mitte dreißig und haben dazugelernt: »Ich kann heute nur noch darüber staunen, wie wenig tief mich die Tatsache bekümmert, dass der Planet überhitzt, dass Arten verschwinden, Ökosysteme kollabieren, Regenwälder brennen, Meeresböden sich in Wüsten verwandeln. Menschen werden sterben, Menschen sterben schon heute, das Leid der Tiere sprengt alle Vorstellungskraft – aber jetzt stehe ich auf meinem Balkon, habe mir ein Leben aufgebaut, mit einem tollen Job, einer tollen Frau, einer tollen Tochter, unten auf dem Teich schwimmt eine Entenfamilie vorbei, und geblieben ist nur die sanfte Sorge, dass ich mir zu wenig Sorgen mache. Ich grusele mich vor mir selbst. Aber nur ein winziges bisschen.« Denn »vielleicht ist es rational, wegen des Klimawandels ruhig zu bleiben und sich auf das Leid im Hier und Jetzt zu konzentrieren. Die Welt wird schon nicht gleich untergehen.«

Nein, Kollege Bovermann, wird sie nicht, jedenfalls Ihre nicht. An den Menschen in Südostasien oder Osteuropa, betroffen von einem exemplarischen Regen aus der neuen Klimagegenwart, schwimmen derweil keine Entenfamilien, sondern ihre toten Töchter vorbei, während Sie sich so arg auf das Leid im Hier und Jetzt konzentrieren, dass es alle Vorstellungskraft sprengt.

Vorm ewigen Jungspießer gruselt’s da ein bisschen: Titanic

 Grüß Gott, Söder!

Grüß Gott, Söder!

Wie schlossen Sie Ihr Statement vor dem israelischen Generalkonsulat in München, wenige Stunden, nachdem ein 18jähriger mit einem Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett auf dieses geschossen hatte und daraufhin von der Polizei erschossen worden war? Sie sagten: »Nochmals vielen Dank an alle Beteiligten!« Der Hauptbeteiligte, das war freilich der Attentäter – Ihre Danksagung lässt also tief blicken! Denn was täten Sie ohne durchgeknallte Islamisten mit anachronistischer Bewaffnung, die vom Rückstoß eines historischen Repetiergewehrs beinahe umgeworfen werden und von Ihrer Polizei spielend leicht umgenietet werden können?

Aber Obacht! Nicht dass Sie sich beim nächsten Mal zu noch offenherzigeren Reaktionen hinreißen lassen und zum Abschluss »So ein Tag, so wunderschön wie heute« anstimmen. Könnte möglicherweise missverstanden werden!

Meint Titanic

 Und Du, »Braunschweiger Zeitung«,

hast uns mit Deiner Überschrift »Diese beiden tödlichen Keime bekämpfen Forscher aus Braunschweig« einen kleinen Schrecken eingejagt. Viel lieber wäre uns in eh schon schweren Zeiten die Headline »Forscher aus Braunschweig bekämpfen diese beiden tödlichen Keime« gewesen.

Bitte auf uns arme Seelen achten, wünscht sich

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Schrödingers Ruhebereich

Wenn es im Abteil so still ist, dass ein Fahrgast einschläft und dann übertrieben laut schnarcht.

Loreen Bauer

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
15.10.2024 Tuttlingen, Stadthalle Hauck & Bauer und Thomas Gsella
16.10.2024 München, Volkstheater Moritz Hürtgen mit Max Kersting und Maria Muhar
16.10.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
16.10.2024 Frankfurt, Buchmesse TITANIC auf der Frankfurter Buchmesse