Inhalt der Printausgabe

Leo Todenfischer
mit Moritz-Frederic Todenfischer

Inside KIS - 10 Tage im
›Kreuzberger Integrations-Staat‹

Berlin-Kreuzberg. Noch vor zwanzig Jahren sah ich hier das Leben blühen. Hier trank ich mit Maggie Thatcher einen Milchkaffee, während wir die Neuordnung Osteuropas klarmachten. Echte Milch, echte Gespräche, echte Aussicht auf Frieden. Heute herrschen in Kreuzberg andere. Der Milchkaffee heißt »Soja al Latte«, und Maggie Thatcher wurde erst in die Demenz und dann in den Tod getrieben. Auf den Straßen tummeln sich Türken, Homo­sexuelle und gewaltbereite Medien­bärte. Die Gedächtniskirche – in Trümmern. Das Berghain – komplett zerfickt. Im Rathaus – eine leblose Marionette namens Michael Müller. Die wahre Macht liegt bei bewaffneten Banden, die ihre kruden Botschaften in ultrabrutalem Sprechgesang vom Turm plärren. Meine schlimmsten Befürchtungen wurden erreicht. Schuld an der Misere: Amerika (USA).

Seit gut einem Jahr lese ich hier im sorg­losen Westen vom KIS-Staat. Einer Kreuzberger No-go-Area, die von einer paramilitärisch organisierten Miliz mit hartem Glied geführt wird. Die Einflußsphäre des KIS-Staates reicht mittlerweile von der Wrangelstraße bis zum Kottbusser Tor. Explosionen, Exekutionen, Ruhestörung durch Flaschenklirren weit nach Mitternacht. Jeden Tag weine ich um das Volk der Kreuzberger, das für diese Unmenschen und ihre US-amerikanischen Hintermänner die Zeche prellt.

Ankunft im KIS. Mein Sohn Moritz-Frederic und ich werden von den neuen Machthabern überraschend gut behandelt, dürfen mit aufs Gruppenfoto.
Ein verschreckter Social-Media-Sklave wird gezwungen, Kill-Tweets abzusetzen.
Kreuzberg sieht man noch heute die Vernichtung durch US-Bomben an.
»Ich kann euch ganz groß rausbringen, wenn ihr aufhört zu töten.« Ich versuche, die KIS-Kämpfer vom Frieden zu überzeugen.

Im Juni 2015 beschließe ich zu handeln. Schon seit Wochen ignoriert Merkel meine Whatsapp-Nachrichten, tut so, als sei sie »off«. Zwei blaue ­Häkchen überführen sie des Lügenholocausts, von ihr ist keine Hilfe zu erwarten. Ich muß selber sehen, was in Kreuzberg geschieht. Es reicht nicht, davon in der FAZ, in den Korrespondentenberichten von Holger Stelzbock und Spaster von Altenbockum zu lesen. Ich will das Leid sehen, mich daran aufrichtig empören.

Als ich meiner Familie von diesem Himmelfahrtskommando erzähle, schlagen alle mal wieder die Köpfe über der Hand zusammen. Nur mein eingeborener Sohn, Moritz-Frederic, ist sofort begeistert. Er hat auf seinem Skype von allem gelesen, steht mit KIS-Kämpfern über Chatroulette in ständigem Kontakt. Über Snapchat erhalten wir von einem schwäbisch-stämmigen KIS-Unhold zahllose unmißverständliche Penisbilder – und schließlich eine Sicherheitsgarantie: »Ihr könnt mit den Rädelsführern sprechen, werdet nicht hingerichtet. Einzige Bedingung: Ihr dürft niemandem davon erzählen.« So kenne ich meine Terroristen-»Freunde«! Doch da haben sie die Rechnung ohne den Verlags­vorschuß gemacht, den ich quasi schon komplett verballert habe. Jetzt muß Frieden her – hin oder her. Ich erkläre ihnen: »Im Westen weiß man nichts über Kreuzberg, sieht nur schwarz und braun. Ich kann euch helfen, ein bißchen auf der PR-Trommel ­tanzen.« Gesagt, getan; geleaked, geliked.

Die Vorbereitungen …

 


 

Lesen Sie den gesamten Artikel im Heft Juli 2015. Erhältlich im Shop, als PDF und in der TITANIC-App.

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Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg