Inhalt der Printausgabe

Weltexklusiv:
Schlußakt in Berlin

TITANIC war dabei:
Letztes Abendmahl mit Bild-Kai, Titten-Maike und Alt-Kohl

Oliver Maria Schmitt

An einem Frühsommerabend in Berlin. Maike Richter-Kohl rollt ihren Gatten in sein Lieblingsrestaurant. Weil es dort lecker Valensina aus der Literpackung gibt und angebranntes Brot für alle. Bild-Chef Kai Diekmann hat ebenfalls am Tisch Platz genommen, die Bestellung wurde aufgegeben. Jetzt noch schnell dem Bild-Fotografen zugrienen, das Foto wird auf Facebook hochgeladen – dann legt Kohls Trauzeuge auch schon los.

 

Diekmann Wie Sie ja überall lesen konnten, war ich gerade längere Zeit in den Staaten, um mich über die Zukunft zu informieren. War alles sehr nett in Kalifornien – bis auf die Tatsache, daß Philipp Rösler vorbeigeschaut hat, hehehe.

Kohl Wrssnds?

Diekmann ?

Maike Er fragt: Wer ist denn das? Ich kann Helmut einwandfrei verstehen, seine Aussprache ist nach den Schlaganfällen schon viel besser geworden. Ich kann ja sowieso seine Gedanken lesen, wir sind immer auf einer Wellenlänge. Nicht wahr, Helmi?

Kohl Pfft.

Diekmann Helmut! Herr Dr. Kohl! Ich bin’s doch: Ihr Trauzeuge. Als Sie und Maike… wissen Sie noch? Der andere war Leo Kirch, der ist jetzt tot. Und ich bin der Kai! Der Titten-Kai, wie Sie immer gesagt haben, haha. Ich sehe jetzt anders aus, weil ich mich in den USA neu erfunden habe. Ich komme jetzt insgesamt sympathischer rüber! Das sagen alle.

Kohl Wrrzhlt?

Maike Er will wissen, wer heute abend zahlt.

Diekmann Ich natürlich. Also Springer, und ich bin ja Springer, nicht wahr, haha. Maike, Helmut, Sie haben das bestimmt mitbekommen: Wir von Bild retten jetzt den Qualitätsjournalismus. Irgend jemand muß es ja tun. Deswegen haben wir im Internet die Bezahlschranke eingeführt. Die ganzen Abgreifer, Schnorrer und Spanner, die täglich unseren Quali-Content für lau abgegriffen haben, die müssen jetzt blechen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Wenn Sie jetzt sofort das exklusive Bildplus Premium-Angebot buchen, dann kriegen Sie umgehend auf alle Ihre Endgeräte total exklusive Inhalte, die andere nicht haben. Und jetzt halten Sie sich fest: Das kostet im ersten Monat nur 99 Cent! Und danach nur 9,99 pro Monat, mit monatlicher Kündigungsfrist, versteht sich. Das ist ’ne richtig geile Geschichte, ich sag’s Ihnen.

Kohl Bldsnn. Sntz mssfreisnn.

Diekmann ?

Maike Er sagt, das Internet müsse frei sein. (vertraulich zu Diekmann) Naja, er surft halt viel. Mit mir. Er gibt mit der Zunge die Cursorrichtung vor, und ich bin dann sein „Mäuschen“, hihihi.

Diekmann Klingt kraß. Das ist genau das, worauf ich hinauswill: Das Ehepaar Kohl – wie lebt und liebt es wirklich? Das interessiert die Menschen. (verschwörerisch) Maike, wollen wir zusammen nicht mal wieder so ’ne richtig geile Kohl-Nummer drehen? Wo Sie beide superauthentisch menschlich rüberkommen?

Maike Ach… ich weiß nicht. Der Helmi will das glaub’ ich nicht.

Kohl Aff garknfll.

Maike Die ganzen Medien sind doch zur Zeit total gegen uns. Überall immer nur Walter und Peter und diese schlimmen Geschichten mit seiner ersten Frau, dieser Simulantin.

Diekmann Ja, diese Sachen hat man uns natürlich auch angeboten. Wirklich ekelhaft, aber wahrscheinlich müssen wir das drucken.

Kohl Lggn! Allz Lggn!

Diekmann Dabei könnte doch eine schöne Human-Touch-Kiste die Wahrheit über Sie beide erzählen. Die erste Homestory von Helmut und Maike! Zum Beispiel, wie Sie beide noch mal das Fotoalbum von Ihrer Hochzeit anschauen. Das wär ganz schön, weil da wär’n dann der Leo Kirch und ich auch mit drauf. Ich könnte als Bonus sogar ’nen Feeling-Comment dazugeben.

Kohl Nhmm! Hmmstry, nnnmls! Nnnnmls!

Maike Isjagut, Helmi. Trink schön dein Safti.

Diekmann Wir haben ja nun auch diese ganz schockierenden Geschichten von Walter und Peter über ihren Vater, Maike. Und da kommen Sie wirklich nicht gut weg. Stalkerin und so. Und dann die ganzen Sex-Vorwürfe…

Maike (entsetzt) Sex?

Kohl Sx?

Diekmann Ja, wirklich ekelhaft. Leider müssen wir das drucken, die Gesetze des Qualitätsjournalismus zwingen uns dazu. Aber vielleicht wollen Sie beide ja gar nicht, daß wir das drucken. Kein Problem – wir würden ja auch viel lieber die erste Homestory des Ehepaares Kohl-Richter bringen. „Bild exklusiv im Liebesnest des Altkanzlers“, oder so ähnlich. „Liebesglück in Oggersheim“, was weiß ich. Das wäre für uns ’ne tolle Sache. Sie wissen ja, das Grundgesetz bei Bild heißt: Exklusivität.

Maike Aber Helmut ist doch für eine Homestory viel zu alt. Das wollen Ihre Leser nicht.

Diekmann (lachend) Aber ich bitte Sie, Maike, Sie sind doch nur halb so alt wie Helmut. Sie sind doch noch, wenn ich mal so sagen darf, leidlich knackig. Ich könnte mir da schon auch ein schönes Foto vorstellen: Wie sie aus der Dusche kommen und der Herr Altkanzler Sie väterlich abtupft.

Kohl Schwnrrei! Nmls, chrkwzt!

Diekmann Die scharfen Stellen selbstverständlich geschwärzt. Also gepixelt. Von mir persönlich, hehe. Bißchen Titten müssen schon sein, aber alles geschmackvoll. Daß ich dafür der richtige Mann bin, muß ich Ihnen ja nicht erzählen, Maike. Ich hab’ Ihrem Mann das schöne Buch „Ich wollte Deutschlands Einheit“ geschrieben. Da hatte ich auch freie Hand.

Maike Ich weiß nicht…

Diekmann (kumpelhaft) Kommen Sie, Maike. Wir machen da so ’ne richtig intime Homestory, ‚Pflegestufe Kohl’ oder so ähnlich. Mit gaaanz tollen Fotos von euch zwei Süßen.

Maike Meinen Sie?

Diekmann Aber klaro. Das Leben von Hannelore Kohl wird ja jetzt auch verfilmt. Ich kenne den Produzenten sehr gut. Ich könnte ihm vorschlagen, daß Sie die Titelrolle kriegen müssen, wenn ihm was an guter Presse liegt. Da könnten Sie dann historisch einiges richtigstellen.

Maike Oh, das klingt aber aufregend. Helmi, wär’ das nicht toll?

Kohl Vrrckt gwrdn! Vllg vrrrckt. Chrzz!

Diekmann Wir bezahlen das natürlich ganz ordentlich, und zwar direkt an Sie, Maike. Und jetzt kommt der Clou: Ein ganzes Jahr freien Zugang zu Bildplus Premium legen wir auch noch drauf. Na, ist das nichts?

Kohl (außer sich) Nxx! Dss nxx! Schwlljtzthmm! Hmmmm!

Diekmann Helmut! Herr Kohl! Ich bin’s doch nur: der Kai!

Kohl (hebt sich langsam, sehr langsam aus seinem Rollstuhl) Aaaarghchtl! Chrchrgrtlbrmpft! Hrrrrzzzz!

Maike Helmi! Um Gottes Willen Helmi!

Diekmann (springt auf) Meine Fresse! Fotograf! Schnell! Ruft einen Fotografen!

Kohl Hrgch rgch rgch! Aaargh!

Maike O Gott, Helmi! Schau mich an! Ich bin’s doch: deine Hannelore!

Diekmann Er stirbt! Fuckfuckfuck, das glaub’ ich ja nicht!
(macht Handyfotos) Hallo! Herr Kohl! Bitte mal hierhin schauen!

Kohl (zusammensinkend) Chtrrrr. Hrrzlfrm. Pfffffffffffffffffffffffff.

Maike (verzweifelt) Helmi! Oh! My! God!

Diekmann (ins Handy brüllend) Alle Maschinen stop! Weltexklusive Megameldung: Kohl stirbt! Der Abgang des Altkanzlers – verwackeltes Leser-reporter-Video aufgetaucht! Im Orkus von Oggersheim – Helmut Kohl hat sich neu erfunden: als Toter! Maikes Schock-Geständnis: Ich bin die wahre Hannelore! Wollte sie zum Film? Exklusiv-Post von Wagner an Walter und Peter: Das habt ihr jetzt davon! Sein Trauzeuge Kai Diekmann: Hurra, ich lebe noch! Fragen nach Kohls Tod – Wer zahlt seine Zeche? Was hat Philipp Rösler damit zu tun? Exklusiver Premium-Content für die Leser von Bildplus und Bildplus Premium! Nur 99 Cent! Jetzt neu: mit Bildplus-Rubbel-Bingo, exklusiv präsentiert von Busen-Maike! Bestellen Sie jetzt!


BLACKOUT.

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Briefe an die Leser

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg