Inhalt der Printausgabe

Autorenwerkstatt

Wie entsteht eigentlich einer der berühmten Leitartikel von Josef Joffe?
Für TITANIC öffnete der ZEIT-Herausgeber und TITANIC-Online-Autor seinen Notizblock


 

Obama hat es in jüngster Zeit schwer. Die Zwischenwahlen (middle elections) sind schlimm, schlimmer jedoch Brutzel­pastor Terry Jones. Mit seiner Drohung, den Koran anzuzünden, hat er Obama hinter dem Ofen der Geschichte

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Mögliche Überschrift:
Gut gemacht, Obama!
Obacht, Obama!
Obamacht USA.
How do you do, America

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Ich kann Obama verstehen. Auch mir geht es oft nicht gut, wenn ich

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Als Student reiste ich auf einem Rad durch die Staaten. Ich hatte nichts als meinen Knappsack und die zwanzigtausend Mark von der Studienstiftung. Aber der amerikanische Traum hatte meinem Fahrrad Flügel verliehen. Wenn mir Mücken in den Mund flogen, schmeckte ich Popcorn; verbrannte mich die Sonne, fühlte ich die Flamme der Freiheit im ­V-Ausschnitt.

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Stabreime! Hillary, Billary. (O)bamamenrepublik USA (?)

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Amerika wird links und rechts von Meeren umzingelt, im Landesinneren bunte Vielfalt: Wüsten, Sümpfe, Städte, Kinos. Eine Mischung, gewachsen aus Geschichte und Geographie. Wer wie ich Bücher besitzt, kann darin nachschauen und feststellen, daß sich das Land in den letzten tausend Jahren enorm

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Ein Paradox: Obama ist unbeliebt, gerade weil er so beliebt ist. Zugespitzt ausdrückt: Obama ist der Edelschimmel auf dem Käse der US-Demokratie. Obama hat einfach Angst. Angst davor, hinter seinem Präsidentenstuhl hervorzukommen und das Land umzupflügen. Aber auch davor, Journalisten wie mir in die Quere zu kommen. Wenn er mir nicht so sympathisch wäre, könnte ich ihn mit einem Satz vernichten. Obama muß sterben! Halt, das war nur Spaß. Doch dieser Satz, millionenfach abgedruckt in der ZEIT, könnte tatsächlich Schaden anrichten, könnte die transatlantische Waage nach hinten kippen lassen. Hier muß sich die journalistische Freiheit Zügel auferlegen, um das hohe Gut Weltfrieden

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Schöne Formulierungen: Satz mit X! Schwarzer Mann, was nun. Hier fliegen gleich die Löcher in den Haushalt

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Amerika wird uns noch überraschen. Mein Bauchgefühl hat mich da noch nie

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Neue Vokabeln: esuriant, arty, shmuck, cheappuccino, ­refudiate

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Man kann mich gern für rettungslos unbedarft halten. Viele meiner Kollegen tun das. Aber vielleicht bedarf es gerade dieser kindlichen Naivität, die auch viele Amerikaner teilen, dieser sorglosen What-the-fuck-Mentalität, die hierzulande, in Wohlfahrtistan, nicht verstanden wird. Righto, bro! Shit happenz, only the brave! Razorlaser, cool cats. Das klingt optimistischer, freier als typisch deutsche Jammersätze wie »Hilfe, meine Handtasche« oder »Hey Boß, ich brauch mehr Geld«.

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Zu recherchieren: Wie hieß die USA früher? Schwarzenkriege. Generation der »baby-bumser«

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Amerika wird sich aufrappeln, wieder stolpern, sich die ­Schuhe binden. Deutschland hingegen sitzt in der Eisenbahn Richtung Vergangenheit. Mit Zwischenstation in Hitlerstadt, DDRhausen und Wiener-Kongreß-City. Wir müssen jetzt eine Kuh aufs Gleis schicken. Sie heißt Angela. Die Kuh muß sterben, damit der Zug leben kann. Nicht umsonst heißt es auch Güterzugabwägung.

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Sie wissen, liebe Leser: meinen guten Namen kann ich nur unter Artikel schreiben, die wo ich selber

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Deutschland sieht nicht die Probleme, die Amerika kriegt, wenn ich über es schreiben tun muß. Tipp, tipp, tipp, macht meine alte Erika. Wieder ist eine Zeile voll, und wieder habe ich neue Buchstaben erfunden, z.B. das Vrüh: ¥fi. Wörter, die ¥fi beinhalten, sind gut geeignet, das Amerika von heute lebhaft und anschaulich zu schildern. Urbane Amerikaner empfinden sich als »spr¥fi¥fizy«, als »unl¥fibr¥fiy«, als »somehow c¥fibbergasted«. In Deutschland fehlt uns die Phantasie für solche

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Der Artikel ist jetzt zu Ende. Sie können ihn jedoch wieder­lesen. Und wenn Sie dann

 

Leo Fischer / Michael Ziegelwagner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg