Inhalt der Printausgabe

Abt. Außer lesen nichts gewesen

Reiche Kost für arme Leser

In Deutschland leben immer mehr Kinder unter­halb der Armutsgrenze, viele verwahr­losen – nur gut, daß es für sie die passenden Bücher gibt und die Verlage im Frühjahrs­programm für genügend Identifikationsmöglichkeiten sorgen!

Max Kruse - Urmel aus der Tiefkühltruhe

Der Hartz IV-Empfänger Atze Tibatong hat eine Methode erfunden, daß seine Frau Wutz und die Kinder die Schnauze halten. Als das jüngste, Urmel, trotzdem den ganzen Tag plärrt, darf es eine abenteuerliche Reise ins Tiefkühltruhenland machen, wo es nach monatelanger Suche von der Polizei gefunden wird.

Beltz & Schuldenberg, 5,80 Eur

Tilde Michels - Schuldenkönig Kalle Wirsch

Der siebenjährige Kalle hat vor vier Wochen ein ­eigenes Handy bekommen und schon 12 000 Euro Schulden zusammentelefoniert. Als der böse

Gerichtsvollzieher Zoppo Trump bei Kalles Eltern ­klingelt, stürzt Kalle sich vorsorglich aus dem Fenster und verlebt eine sorgenfreie Ewigkeit bei den Erdmännchen auf dem Nordfriedhof.

HoHoHo-Verlag, 2,10 Eur

Janosch - Isch mach disch Krankenhaus, sagte der Bär

Der Tiger spannt dem Bären dessen Freundin Fräulein Gans aus. Das findet der Bär nicht gut und es gibt Zunder. Dann kommt der Hase mit den Stahlkappenschuhen und bringt alle ins Krankenhaus für Tiere, wo sie Dr. Brausefrosch davon überzeugen, daß es auch ohne Krankenversicherung „geht“.

Paracelsusverlag, 12,30 Eur (verschreibungspflichtig)

Erich Kästner - Die Konferenz der Biere

Wenn sich das große Pils Alois, das Kölsch Oskar und Leopold, das Hefeweizen, treffen, kommt über kurz oder lang die Sprache darauf, wie sie das trübe Leben der Armutskinder aufhellen können. Sie berufen eine Konferenz ein und beschließen, zusammen mit Schnaps und Alkopop den unterprivilegierten Kleinen eine Freude zu bereiten…

Koma-Verlag, 2,90 EUR

Michael Ende - Mumu

Die vierzehnjährige Mumu ist die Königin des Straßen­­strichs und schafft am Tag 20 graue Herren. Ihr Zu­hälter Meister Hura will Zeit sparen und kauft sich eine Uhr, die vorgeht. Bevor Mumu fragen kann, was der Unsinn soll, ist sie schon schwanger und wird von Beppo Straßendealer angefixt. Das läßt ihr ­Abitur in weite Ferne rücken.

Dr. Müller-Verlag, 50,– Eur

Eric Carlé - Die kleine Raupe Wirdnichtsatt

Das Buch erzählt die Geschichte einer kleinen Raupe, die sich eine Woche lang durch einen Teppich, drei Schichten Tapete, zwei Kopfkissen und vier Regalböden frißt und immer noch großen Hunger hat. Eine Ladung Insektenspray beendet das Schädlingsdasein ein für allemal.

Paral-Verlag, 19.90 Eur

Grimms Märchen

Herr Grimm ist Referent im Familienministerium und erzählt allen Kindern, daß sie, unabhängig von Herkunft und sozialen Hintergrund, alles im Leben erreichen können, wenn sie nur wollen und ordentlich zur Schule gehen.

Leider kommt kein Wolf und frißt ihn.

Von-der-Leyen-Verlag, 7,80 Eur

Gärtner/Nagel/Rürup

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt