Inhalt der Printausgabe

Brennpunkt

Auf wen die Welt jetzt schaut

 

Sie ist deutsche Kanzlerin.
Sie ist Chefin der G8-Kommission und Ratspräsidentin der Europäischen Union: Angela Merkel, die mächtigste Frau aller Zeiten. Doch die Agenda ist lang. Was muß Angie unbedingt gelingen? Und was muß sie noch lernen? 

ALLEINHERRSCHERIN

Als sich der Rauch der Silvesternacht verzogen hatte, fiel Angela Merkel rücklings auf die Couch, setzte die Flasche an, versenkte sie in einem Zug, schmiß den Korken auf den noch immer splitternackten Beck und hauchte die berühmten Worte: »Ich G8- und EU-Vorsitz? Schöne Scheiße! Ich weiß doch gar nicht, wo diese Holländer wohnen, diese elenden Froschfresser!«

So jedenfalls könnte es gewesen sein. Inzwischen aber ist sie in ihre Rolle hineingewachsen und hat die ersten Prüfungen souverän bestanden. Die Hauptstädte von Deutschland und Amerika kennt sie teils auswendig, und wenn sie das Wort Grönland hört, denkt sie an Palmen und Anacondas. »Da ist also noch einiges zu tun«, krächzte Außenminister Steinmeier kürzlich vor der Presse und präsentierte ein Team abgetakelter Hauslehrer, das die Kanzlerin auf Vordermann bringen soll – und umgekehrt. Acht Stunden täglich büffelt die fröhliche Machthexe nun Erdkunde, Politik und Bodenschätze und ist begeistert: »Gold und Silber, Erz und Zinn / stecken oft in Felsen drin!« erklärte sie dem verdutzten Bundestag; der applaudierte stehend.

Und Unterstützung braucht sie. Mehr als genug ist zu tun in Brüsselland, gerade für eine Frau wie Merkel. Die Vorhänge im Parlamentssaal schreien nach Wäsche, einige Foyerfenster haben seit Tagen häßliche Schlieren. »Die wurden ja wohl anscheinend bei Sonnenlicht geputzt?!« kritisierte Merkel in einem Offenen Brief an die griechische Außenministerin Bakoyannis, die sich zu Recht ertappt fühlte und wütend zurücksimste: »Ich habe extra Essig und Zeitung genommen. Grußlos: Dora!«

Eine Verstimmung, die sich Europa weniger denn je leisten kann. Noch immer sind die großen Probleme wie EU-Verfassung, Klimaschutz oder Polen ungelöst, die Hälfte aller Kinder unter neun Jahren. »Nächstes Jahr sind die dann alle unter zehn«, warnte Merkel in ihrer Antrittsrede und gilt seitdem als allzu kühle Rechnerin, wird aber weiter hofiert – zu sehr sind die Neu-Mitglieder Bulgarien und Rumänien, sind die Anwärter Kongo und Türkei auf Deutschlands Unterstützung angewiesen.

Fazit: Dazu ist es noch zu früh.


Energie

Auch nach 52 Jahren kann Merkel Schweiz und Österreich nicht auseinanderhalten, von Balkan und Benelux zu schweigen: »Ungarn liegt in Bukarest, oder?« Energieraubend ist gar kein Ausdruck…

Erdgas läßt sich leichter durch Rohre transportieren als Kohle, ist aber in Europa selten. Folge: Man muß es aus Rußland herbeischaffen, was aber technisch kein Problem ist.

Ausserirdisches Leben

In letzter Zeit wurden immer mehr erdähnliche Planeten entdeckt, nun hat die Deutsche persönlich die Betreuung von Außerirdischen übernommen. Drei waren inzwischen im Kanzleramt, sind entsetzt wieder abgereist.

Der Himmel – unendliche Weiten, divergierende Ansprüche: Nicht alle Lebensformen können mit der »sperrigen Angela«.

Erderwärmung

»Die Anfänge sind gemacht, nun wäre Rückschritt gleich Stillstand« (Merkel). Auf der Agenda stehen zehnspurige Autobahnen europaweit und 60 000 neue Flughäfen; ein verbesserter Emissionshandel soll auch entlegene Gebiete mit CO2 versorgen.

Nur Fliegen ist schöner: Moderne Flugzeuge transportieren das Gas auch in unzugänglichere Luftschichten.

Bürokratieabbau

Bisher werden für jedes neue Gesetz zwei Ministerien gegründet, der Erfinder kriegt eine Hauptstraße mit seinem Namen. Merkel findet das gut, will es aber ändern. Ein Sprecher: »Wer keine Probleme hat, der macht sich welche!«

Seit den Anfängen der illustrativen Fotografie stehen Ordner der Firma Leitz für Bürokratie und Aktenberge.

Fussball

Die neue FIFA-Regel, wonach Abseits erst gepfiffen wird, wenn der fragliche Spieler den Ball tatsächlich berührt, soll nach der Winterpause nicht mehr gelten. Ein anderer Sprecher: »Angie findet das echt blöd, soll ich sagen. Schöne Grüße mit üße!«

Der andere Sprecher im Porträt. Sein Posten gilt als vakant.

Thomas Gsella

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt