Inhalt der Printausgabe

Teil 7/9

Eine kurze Geschichte der Kirchentage

Die Tradition der Kirchentage geht zurück auf den heidnischen Brauch der Bergpredigt, bei der die Menschen durch Lärm und Feuer von den Dämonen aus dem Wald getrieben wurden. Sie versammelten sich auf dem nächsten Berg und machten einander Vorwürfe. Im Zuge der Christianisierung gingen sie dazu über, statt der Schuldzuweisungen lieber liebe Lieder anzustimmen.

Auf dem ersten regulären Kirchentag im Rom des Jahres 64 predigen Paulus und Petrus zum Thema: »Kirche und Römisches Reich oder Ist die Christenverfolgung schon zeitgemäß?« Die Zuschauer auf den Arenaplätzen sind begeistert, leider weniger von den Referaten als von den Löwen.

Frankenkönig Chlodwig spricht auf dem Kirchentag im Jahre 500 zum Thema »Religion und Gesellschaft«. Begeisterte Knechte stimmen das Lied an: »Danke für meine Frondienststelle.«

1074 führt Papst Gregor VII. das Zölibat ein. In der Folge treiben sich immer mehr Priester auf den Kirchentagen herum und machen sich die Teilnehmerinnen mit Weihrauch gefügig.

Die Kirchentage ab 1231 werden begleitet von Alternativveranstaltungen der Initiative »Inquisition von unten«. Nach 1448 häufen sich die Angebote an Piercing und Branding.

1648 endet der Dreißigjährige Kirchentag unter internationaler Beteiligung und hinterläßt Berge von Müll und ein Bild der Verwüstung. In einer Erklärung verpflichten sich die Gläubigen zu sanftem Pilgern.

Der Schutzpatron der Kirchentage Giordano Bruno wird im 20. Jahrhundert als Eugen Drewermann wiedergeboren. Er zieht 1971 in einen Pullover, läßt sich von dort aus zum Gegenpapst erklären und erhebt das Querdenken zur Kirchendoktrin. Für alle anderen Kirchentagsbesucher heißt es in die Hände klatschen und hüpfen, bis der Gott kommt.

 

Die Situation der Kirchen in Ostdeutschland

Nur fünf Prozent der Zonenbevölkerung glauben an irgendwas, die Mehrzahl davon, ohne es zu ahnen. Auf die Frage, um was es in der Kirche gehe, antworteten 26 Prozent: »um Gott«, nur 14 Prozent gaben korrekt an: »um Geld«. Dagegen erwiderten auf die Frage: »Wer hat uns 40 Jahre nur belogen und betrogen?« 62 Prozent: »die Kirche«, 18 Prozent »weiß nicht« und 14 Prozent »keine Angaben«. 72 Prozent immerhin halten das Versprechen blühender Landschaften für die Frohe Botschaft.
Schwierig ist die Lage vor allem für kleine und mittelständische Kirchen, oft reichte die Kollekte gerade zur Erhaltung des Opferstocks. Zudem sind die meisten Glocken außer Betrieb, so daß viele Pfarrer von Haus zu Haus gehen und Bimbimbim rufen müssen.
Die dennoch leeren Kirchen treiben verbleibende Kirchgänger in eine Glaubenskrise: Sie glauben, ein Gott, der so etwas zuläßt, sei nicht verehrungswürdig.
Unter Kirchenleuten ist die Resignation so stark, daß viele schon das Jüngste Gericht herbeibeten, wenigstens für Ostdeutschland.

 

Bernd Zeller

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Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg