Inhalt der Printausgabe

DIE ASYLANTEN KOMMEN

Zeichnung: Hilke Raddatz

Feuchtfröhliche Antworten auf brennende Fragen von Eilert/Gernhardt/Knorr

Zehntausende von fremden Menschen strömen in den letzten Jahren verstärkt in unsere Bundesrepublik. Was wollen diese Leute von uns und bei uns, und was können wir tun, um ihren Aufenthalt so kurz wie möglich zu gestalten?

Sind wir nicht im Grunde auch Asylanten?

Ja wir alle sind es. Wir sind nur zu Gast auf dieser Erde, wo der HERR uns zeitweiliges Asyl gewährt in seiner Güte. Doch diese göttliche Ordnung wird nun gestört: Pakistani, Inder, Ceylonesen, Eritreer, Vietnamesen, Chilenen, Koreaner strömen asylheischend in unser Land. Und wenn der schon erwähnte HERR das gewollt hätte, so würde er sie doch gleich in der Bundesrepublik angesiedelt haben. Das hat er aber nicht.

Warum wollen diese Menschen ausgerechnet zu uns?

Nur weil wir uns die „freie“ Welt nennen. Da sieht man, was ein einziges unbedachtes Wort für Schaden anrichten kann. Wir hätten uns doch auch die „nicht für alle freie“ Welt nennen können.

Zumal der Begriff es ohnehin viel besser trifft.

Was haben die Asylanten also hier zu suchen?

Nun, der Asylant trachtet zunächst und vor allem, durch die Maschen in unser soziales Netz zu schlüpfen. Nicht übertriebenes Mißtrauen läßt uns das vermuten – nein, den besten Beweis hat der Asylant doch mit seinem Kommen selbst geliefert. Denn unser liberales Asylrecht, auf das wir stolz sind, gibt es nun seit mehr als 30 Jahren. Doch niemand schritt durch das Tor, welches die Väter unseres Grundgesetzes damals so weit aufstießen. Im Gegenteil: Der Asylant saß in der gemütlichen Hütte im malerischen Heimatslum und wartete zu. Aber jetzt, da wir es uns durch die liebevolle Aufbauarbeit dreier Jahrzehnte eben ein wenig nett eingerichtet haben in unserer Bundesrepublik, jetzt ist er plötzlich massenhaft da. Das gibt uns zu denken.

Was ist so ein Asylant überhaupt für ein Mensch?

Der Asylant ist einer, der ganz ohne Einladung in unser Land kommt. Damit tut er etwas, das eigentlich dem zahlungskräftigen Touristen vorbehalten ist. Und er tut mehr, als jeder Tourist sich trauen würde: Er beginnt hier zu arbeiten. Er versucht es zumindest.

Wird der Asylant damit zum Gastarbeiter?

Nein, denn den gewöhnlichen Gastarbeiter haben ja wir selbst ins Land geholt. Führende Vertreter unserer Wirtschaft haben sich persönlich auf den Balkan bemüht und sich dort die stämmigsten Türken ausgesucht. Den gewöhnlichen Gastarbeiter hat also die reine Geldgier zu uns getrieben. Das verstehen wir und billigen es auch, denn diese Haltung ist leicht zu verachten. Jemand, der seine Heimat und seine ganze Kultur – so wenig das im Einzelfall auch sein mag – im Stich läßt nur schnöden Geldes wegen – und das ist auch nicht mal soviel –, darf doch wohl als moralisch minderwertig gelten.

Was aber treibt den Asylanten?

Die Beweggründe des Asylanten sind dunkel, wie zumeist auch er selbst. Viel ist von politischer Verfolgung die Rede. Was das bedeuten soll in jenen Ländern, aus denen er flieht, weiß so genau keiner. Sind es nicht eigentlich nur Stammesfehden und familiäre Zwistigkeiten? Dort unten wird doch schnell einmal das Kriegsbeil ausgegraben, nur weil etwa des Nachbarn Lieblingshuhn gekränkt wurde, worauf der Nachbar – aufbrausend, wie er von Natur aus ist – aufbraust und allsogleich dem Nächstbesten hinterher rennt. Und schon fühlt sich der Asylant verfolgt.

Gibt es denn überhaupt so etwas wie Politik in jenen Ländern?

Gewiß. Wenn man unter Politik versteht, daß seltsame Herren mit merkwürdigen Kopfbedeckungen und unaussprechlichen Namen sich gegenseitig das Recht bestreiten, sich in Regierungspalästen breit zu machen.

Aber warum flieht er dann überhaupt, der Asylant?

Das ist es ja eben. Er schafft es nicht, sich sein Sälchen im Regierungspalast zu sichern. Also sind es gerade die Unfähigsten, die Schlappschwänze und Hasenfüße, die zu uns kommen. Durchaus gebildete Menschen, daheim für die höchsten Ämter bestimmt, die nun hier bei uns Hamburger backen müssen. Man stelle sich den umgekehrten Fall vor: Helmut Kohl, der in Bombay eine winzige öltriefende Pizzeria betreiben müßte. Er wäre doch heillos überfordert, der arme Mann.

Aber ist der Asylant nicht auch noch schön?

Eben! Das macht die Sache doch noch schlimmer für uns. Wer kann denn ruhigen Gewissens mit ansehen, wie feingliedrige Pakistani unter schweren Zeitungspacken fast zusammenbrechen? Wem blutet nicht das Herz, wenn hochgewachsene, schmalschädelige Nubier, die mit dem trockenen Glanz ihrer Haut alle wie frischgewaschene Prinzen aussehen, plötzlich die letzte Drecksarbeit machen müssen? Wir leiden doppelt unter der Schönheit des Asylanten: moralisch und ästhetisch. Wir wollen ihm helfen – aber wie sollen wir?

Ist der Asylant wirklich nur hilfsbedürftig?

Nein, der Asylant ist auch sehr raffiniert. Er scheut nicht davor zurück, gegen unsere ästhetischen Bedenken deutsche Gerichte in Anspruch zu nehmen. Nicht nur, daß unsere deutschen Mitbürger damit im Austragen eigener Rechtshändel schwer behindert werden, nein, das dauert auch! Bis zu seiner endgültigen Heimreise – warum immer gleich von „Abschiebung“ sprechen? Wir schieben ihn doch nicht bis Pakistan, wie kämen wir denn dazu? Nein, er soll fliegen, doch der von ihm eingeschlagene Rechtsweg verzögert das um mehr als 18 Monate!

Was fangen wir bloß mit ihm an in der Zwischenzeit?

Wir müssen zumindest dafür sorgen, daß er sich bei uns wie zu Hause fühlt. Und das gewiß nicht, indem wir ihn in zivilisatorischen Annehmlichkeiten ersticken und ihm so einen Kulturschock versetzen, der ihn auf Dauer entwurzeln könnte. Nein, wir dürfen den Asylanten auf gar keinen Fall seinen gewohnten Lebensbedingungen entreißen, sondern müssen ihm die Möglichkeit geben, unter seinesgleichen zu bleiben. „Lager“ ist freilich ein häßliches Wort, und wir haben damit in der Vergangenheit auch nicht eben die besten Erfahrungen gemacht – „Slum“ ist ein viel schöneres Wort und viel leichter zu verwirklichen. Die Voraussetzungen sind schließlich gegeben: Viel zu viele Menschen auf viel zu wenig Raum unter katastrophalen sanitären Bedingungen.

Wer dächte da nicht an die Türkenviertel unserer Großstädte?

Natürlich wird das anfangs gewisse Schwierigkeiten mit den Ureinwohnern geben – aber damit soll der Asylant gefälligst allein fertig werden. Wir können uns nicht um alles kümmern.

Ist es aber nicht gut und schön, wenn sich zwei Kulturen begegnen?

Sowieso. Das kann sogar sehr fruchtbar sein. Und unsere westliche Kultur hat der östlichen doch verschiedenes zu verdanken: die Currywurst, um mit einem ganz naheliegenden Beispiel zu beginnen, und … die Currywurst, wie gesagt, oder … die Currywurst jedenfalls. Wobei die Wurst im Grunde noch von uns stammt – aber wir wollen da nicht kleinlich sein: die Currywurst also.

Aber gibt es in der gesamten Menschheitsgeschichte auch nur ein Beispiel dafür, daß sich eine Kultur dadurch weiterentwickelt hätte, daß sie sich in das soziale Netz einer anderen lümmelt?

Nein, nein. Und wollen wir denn wirklich mit ansehen, wie solch ein sehniger Asylantenkörper sich im gemachten Bett unserer Sozialleistungen suhlt und Fett ansetzt und träge wird und immer träger? Wie soll er denn dann zu Hause noch seinen Verfolgern entkommen? Ach was, der Asylant muß fit bleiben.

Wer kann dem Asylanten dabei behilflich sein?

Unsere Ausländerbehörden können das natürlich. Und zwar ganz einfach, indem sie dem Asylanten nicht paradiesische Zustände vorgaukeln, die dann bei ihm zu Hause zerplatzen wie die Seifenblasen. Darum ist es so wichtig, daß unsere Beamten auf gar keinen Fall zu freundlich und zuvorkommend sind – aber wem sagen wir das.

Können wir nun das ganze Problem unseren Behörden überlassen?

O nein, denn wir leben in einer Demokratie, und das bedeutet, daß jeder von uns die Pflicht hat, sich darüber Gedanken zu machen, wie er an seinem Platze mithelfen kann, den Asylanten abzuhärten, auf daß die Enttäuschung der Heimkehr nicht zu schwer werde. Schwer genug wird sie bestimmt. Es fällt nicht einmal leicht, daran zu denken – aber es muß sein.

Doch wie verhalten wir uns in diesem scheußlichen Konflikt zwischen berechtigtem Mitleid und wohlverstandener Abgrenzung?

Wir verhalten uns richtig.

Der Wirt, der den Asylanten seines Lokals verweist, tut das, um ihn vor der Versuchung zu bewahren, durch Alkoholgenuß seine Götter zu beleidigen. Der Verkäufer, der den Asylanten nicht bedient, tut das, um ihm nicht auch noch das letzte Geld aus der Tasche zu ziehen.

Und der Passant schließlich, der den Asylanten vom Bürgersteig schubst, wird wohl auch seine guten Gründe haben, das zu tun.

Hat das am Ende doch etwas mit Fremdenfeindlichkeit zu tun?

Ach wo. Mit Fremdenfeindlichkeit kann das gar nichts zu tun haben. Denn wenn wir Deutschen irgendwelche Fremden wirklich hassen, dann sieht das aber ganz anders aus. Das haben wir ja wohl hinreichend bewiesen.

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Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg