Vom Fachmann für Kenner | Oktober 2016


Kritische Florenlyrik (I)

O Gerbera, o Gerbera!
Du bist ein Spielverderbera:
Ich gieße dich, du gehst mir ein!
Darf das denn sein? – NEIN!

Sebastian Klug

Im Fitnessstudio

Ein trauriges Exemplar der Gattung Mensch, männlich, hängt schwer atmend am Rand des Edelstahlschwimmbeckens. Der Kopf hochrot, die Hände führen unter Wasser rhythmische Bewegungen in Leistenhöhe aus. Ich erschrecke, ekle mich, werde zornig, o so zornig! ob dieser Ekligkeit. Einige Bahnen ziehe ich noch in der feigen Hoffnung, er komme doch nun endlich mal »zum Ende«. Endlich fasse ich mir ein Herz, schieße walkürengleich aus dem Wasser und kreische mit schrillem Entsetzen: »Was machen Sie denn da?« Wortlos und noch außer Atem hebt der Gehilfe des Bademeisters den Edelstahlschleifschwamm an die Wasseroberfläche. Und ich fühle mich o so schmutzig.

Martina Werner

Tip zur Zeckenzeit

Wer sich davor ekelt, die kleinen Racker, nachdem man sie aus dem Hundefell oder der eigenen Intimbehaarung geklaubt hat, zwischen den Daumennägeln zu zerquetschen, sollte sie einfach mit einem großen Schluck Essiggurkenwasser herunterspülen. Das Sodbrennen erledigt dann den Rest.

Theobald Fuchs

Ich habe eine Filmidee

vergessen.

Valentin Witt

Spiegelterror

Bei meinem neuen Hemd sitzen die Kragenspitzen unterschiedlich hoch, wie ich im Spiegel eines Geschäfts bemerke. Die Begleiterin sagt, das falle vielleicht nur mir auf. Allerdings klagt sie kurze Zeit später vor einem Schaufenster über die neue Frisur (zu kurz) und die Gesichtshaut (unrein wie nie zuvor). Später an der Supermarktkasse fühle ich mich beim Blick in den Überwachungsspiegel unwohl und rücke meinen unordentlich sitzenden Schal zurecht. Jähe Erkenntnis: In Fragen des Aussehens geht es fast immer um Kopf und Kragen.

Mark-Stefan Tietze

Ganz oder gar nicht

Wer als Henker im Mittelalter zum oberen Drittel seiner Zunft zählen wollte, durfte beim Vierteilen keine halben Sachen machen.

Daniel Sibbe

Phantomfeuchte, die

Der Begriff Phantomfeuchte wird von Experten als unpräzise kritisiert, weil er eigentlich eine tatsächliche, lediglich fehlbewertete Feuchtigkeit bezeichnet. Gemeint ist das Bedürfnis, sich in der Schwimmbadtoilette die Hände nach dem Waschen abzutrocknen, obwohl der übrige Körper ohnehin triefnaß ist.

Robert von Cube

Erntedank

Viele Kleingärtner leiden unter wiederkehrenden Bauchschmerzen. Die Ursache ist der Verzehr von unreifem Obst, aus Angst, daß die Tiere einem sonst zuvorkommen.

Miriam Wurster

Notiz an mich selbst

Als ich neulich eine Pause machte und auf dem Sofa ein wenig einschlummerte, fragte ich mich im Halbschlaf irritiert, warum oben rechts in meinem Blickfeld keine Uhr zu sehen ist. Ich sollte weniger am Rechner arbeiten!

Tibor Rácskai

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt