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Massagesessel für alle: So wird die ARD reformiert

Die ARD kommt nicht zur Ruhe. Nach den vielen Skandalen der vergangenen Monate (Ulrich Wickerts Gesicht ganz groß auf dem Bildschirm, Koks-Beichte der Maus, unschöner Sexunfall mit Analkugeln im Morgenmagazin) werden immer wieder Reformen gefordert. Doch was soll sich konkret ändern? Die derzeit besten Vorschläge im Überblick:

1. Mehr Compliance

Die ARD will neue Verhaltensrichtlinien aufstellen. Compliance ist das Gebot der Stunde. Die wichtigste Regel lautet: Bürorenovierungen dürfen ab sofort maximal 500 000 Euro kosten! Die zweitwichtigste: Finger weg von Parkett aus Italien! Und die drittwichtigste: Vetternwirtschaft künftig bitte immer zunächst genehmigen lassen! Wer gegen diese Grundsätze verstößt, soll hart bestraft werden: entweder mit einem Wechsel zu einer ZDF-Quizsendung von Johannes B. Kerner oder mit der Moderatorin der NDR-Talkshow.

2. Mehr Gremien

Innerhalb der ARD gibt es circa 50 000 Gremien, und alle sind extrem wichtig. Sie beraten, beaufsichtigen und essen während Sitzungen leckere Kekse. Die derzeit wichtigsten Gremien sind der Rundfunkrat, die WDR-Skatrunde und der Beirat der Anonymen SWR-Mainzelmännchen. Das Problem: Es sind immer noch zu wenige. Um zu verhindern, dass in Zukunft jemand noch einmal Unfug macht, muss die Zahl der Gremien unbedingt erhöht werden. Hinzu kommen sollen unter anderem: ein Beirat, der aufpasst, dass niemand mehr neue "Tatorte" mit Til Schweiger in Auftrag gibt, außerdem ein SM-Beirat sowie ein Gremium, das darauf achtet, dass Reinhold Beckmann nie wieder eine ARD-Show erhält.

3. Mehr Retroshows

Nachdem die Privatsender viele Sendungen von früher wieder ins Programm genommen haben, will auch die ARD auf Retroshows setzen. Und zwar schon 2035, bis dahin wird noch an den Details gearbeitet. Auf der Liste stehen bislang: "Schmidt & Pocher", "Jackass" und "Das große TV total Promiohrfeigen mit Rudi Carrell". Und auch "Die Deutsche Wochenschau" soll wieder präsentiert werden. "An diese Kultshow aus den 1940er-Jahren können sich viele unserer Zuschauer garantiert noch erinnern", heißt es dazu in einer ARD-Pressemitteilung. Darüber hinaus arbeiten die Senderbosse derzeit daran, eine Show aus dem 19. Jahrhundert zurückzuholen ("... um auch unseren ältesten Zuschauern eine Freude zu bereiten").

4. Mehr Unabhängigkeit

Die ARD-Sender sollen unabhängiger und flexibler werden, keiner soll mehr im eigenen Sendegebiet unterwegs sein und die eigene Landesregierung bei der Arbeit belästigen. Das bedeutet: Der Saarländische Rundfunk berichtet nur noch über Wetterphänomene in Brandenburg, der Norddeutsche Rundfunk nur noch über Duschtipps aus Baden-Württemberg und der Kinderkanal nur noch über Bierversuche mit Tieren in Bayern (kindgerecht). Offen ist bislang lediglich, wo der Bayerische Rundfunk eingesetzt wird. Aufgrund der langjährigen Erfahrungen mit Irren sind sowohl Mallorca als auch Österreich im Gespräch.

5. Mehr Massagesessel

Als im Sommer versehentlich herauskam, dass die damalige ARD-Chefin Patricia Schlesinger einen Massagesessel aus Diamanten besitzt und zu teuren Abendessen einlädt (Goldsteak mit Apfelschorle, als Nachspeise Milchreis mit Kaviar), war die Empörung groß. Intellektuelle wie Dieter Nuhr und Jürgen Milski dachten schon daran, einen offenen Brief an alle Möbelhäuser und Massagepraxen zu schicken. Zum Glück kam es nicht dazu (Briefpapier ausverkauft, Briefträger krank). Demnächst könnte sich die Debatte jedoch erledigt haben, denn als Wiedergutmachung soll nun auch das Publikum Massagesessel bekommen. Sparen will die ARD dafür bei den Dienstwagen für das Spitzenpersonal. Stattdessen sollen künftig die Zuschauer:innen die Senderbosse zu den Terminen kutschieren.

6. Mehr kritische Nachfragen

Immer wieder mussten sich in der Vergangenheit verdiente Ministerpräsident:innen kritische Fragen der ARD-Sender gefallen lassen. Zum Beispiel: "Frau Schwesig, wie schaffen Sie es, so großartige Politik zu machen?" Oder: "Herr Söder, dürfte ich bitte noch eine Watschn haben?" Aber auch: "Herr Kretschmann, wieso sind Sie noch nicht tot?" – Tja, immer nur austeilen, aber nicht einstecken können? Damit ist jetzt Schluss! Die Politiker:innen dürfen ab sofort knallhart zurückfragen. WDR-Intendant Tom Buhrow bekam das bereits zu spüren. Einige Ministerpräsident:innen haben ihn kürzlich in die Mangel genommen ("Herr Buhrow, wann laden Sie uns endlich zu teuren Abendessen ein?"). Fortsetzung folgt.

Lissek

 

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt