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Pro und Kontra zweiter Lockdown

Die Spatzen husten es von den Dächern: Angeblich droht uns schon bald ein neuer Lockdown. Was ist davon zu halten? Die TITANIC-Onlineredaktion diskutiert

Pro: Paula Irmschler

Die Zahlen sind eindeutig und es muss dringend gehandelt werden. Das ist das was meine Ärztin sagt, wenn sie meinen Blutdruck misst. Und der ist in letzter Zeit so hoch wie die Coronazahlen hier in der Gemeinde: 152. Allerdings testet meine Ärztin momentan auch öfter, aber dennoch ist Vorsicht geboten, falls Sie die Metapher verstehen. Das ich hier in diesem Debattenbeitrag die Quotenfrau bin, ist mir bewusst. Aber lassen Sie es mich, wo ich hier mal die Möglichkeit bekomme, mich an der Seite von Herrn Lichter zu äußern, so ausdrücken, wie ich es auch in meinem Nebenjob gegenüber den Teilnehmern meines Volkshochschulkurses ausdrücke: Das Coronavirus SARS-CoV-2 sorgt für eine gefährliche weltweite Pandemie, die in Schach gehalten werden muss.

Und da ich auch Mama bin von Kids, liegt mir viel daran, dass die Welt, die wir hinterlassen, eine virenfreie ist. Dazu bedarf es alles, was wir auffahren können und wie wir gesehen haben, bringen es individuelle Einschränkungen eben einfach nicht, woran, na klar, wie immer die Männer schuld sind. Wow, ich hasse Männer, haha. Mit ihren Pimmelnasen über der Maske … War nur Spaß, bitte nicht den Auftrag entziehen! Nur ein Lockdown kann jetzt noch das Schlimmste abwenden (Deutschland wäre auf diesen Karten, die im Internet geteilt werden nicht mehr so geil hervorgehoben inmitten von hinterwäldlerischen Pestländern) und meine Tochter vom Feiern abbringen. Und ich weiß gar nicht, was man dagegen haben sollte.

War es nicht nett im März, April? Hatten wir es nicht kuschelig? Podcast hier, Yoga dort, dieses eine Rezept und die wunderbaren Diskussionen im Internet … Und jetzt ist auch noch Herbst. Und Sie wissen ja, was das bedeutet: KASTANIENZEIT! Also, ich liebe ja meine Familie. Sie etwa nicht?

Kontra: Fabian Lichter

Wer mich kennt, der weiß: Ich bin eine People person. Schon morgens, bevor ich die Redaktion betrete, mische ich mich freudig unter die Anzug tragende Gesellschaft an den Stehtischen vorm Illy-Café. Erst einmal die neuesten Arschlochmeinungen aus der Mitte der Gesellschaft anhören und den süßen Duft der Geselligkeit inhalieren (Calvin Klein, Mentholzigarette, Abstiegsangstschweiß).

Ich will alles wissen: "Mike, wie geht's der Nasenscheidewand?", "Dirk, konntest du dich mit deiner minderjährigen Freundin eigentlich außergerichtlich einigen?", "Und Ansgar, hast du die Konjunkturbremser von Audi jetzt doch dazu bekommen, dir Elfenbein-Interieurleisten in den A8 einzubauen?". Nach der Arbeit dann ab in die Szenebars. Erfahren, was den Kids auf den Nägeln brennt, Pokémons daten, Tinderkontakte fangen. Welcher Hustensaft ist in, welches Großwildbetäubungsmittel out? Was sind die neuesten Quatschmeinung über die Gesellschaft, die ich von mir geben muss, um davon abzulenken, dass ich bisher weder einen Blick in ein Buch noch in mein Inneres geworfen habe? Danach: Trapbeats auf der Coronaparty.

Am Wochenende schließlich: Brunchen mit Freunden, locker flockiger Austausch über die Themen Möbel, Nachhaltigkeit und erste ironisch leichte Annäherungen an das Thema Bestattungsvorsorge. All das bietet uns der Mitmensch, die beste Erfindung seit es ansteckende Krankheiten gibt. So könnte es ewig weitergehen und so könnte man dem Ende eigentlich gelassen entgegenleben. Wären da nicht die Virologenlobby und die Microsoftkanzlerin Merkel, die uns wieder einmal einen Strich durch unseren "Way Of Dying Living" machen wollen. Deshalb sage ich: Nicht mit mir! *hust*

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick