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"Goodbye" Deutschland! Der Odysseus von Bremen im Interview

Der gefürchtete Clan-Chef Ibrahim Miri hat Heimweh. Nachdem er im November in den Libanon abgeschoben wurde, kündigte er an, bald wieder in Deutschland einzureisen – so wie es offenbar Tausende abgelehnte Asylsuchende in den letzten Jahren getan haben. Wir konnten Miri in der Flughafen-Lounge Beirut zu einem Gespräch treffen.

TITANIC: Hallo, Herr Miri. Wie geht es Ihnen?

Miri: Och, ganz gut. Aber ich habe Hummeln im Hintern. Muss Meilen sammeln, und Erfahrungen. Das Wandern ist des Mullahs Lust, sag ich immer.

TITANIC: … Weswegen Sie so bald wie möglich noch einmal in Deutschland Ihr Glück versuchen wollen. Vielen stößt das bitter auf.

Miri: Was? Wen? Die mach' ich alle kalt! … Ich meine, ja gut, man kann es nicht allen recht machen.

TITANIC: Was erhoffen Sie sich bei einem weiteren Einreiseversuch? Hier erwartet Sie möglicherweise erneute Haft.

Miri: Ja, so sieht's wohl aus. Ich bin mehrfach vorbestraft, aber diesmal verspreche ich, keine Fehler zu machen. Ich werde alle, die mir juristisch an den Kragen wollen, abmurksen. Nein, halt, streichen Sie das! Ich werde mich benehmen.

TITANIC: Arbeiten dürfen Sie hier nicht. Oder sind Sie als Clan-Chef beim Finanzamt gemeldet?

Miri (lacht): Nein, nein, Clan-Chef ist eher ein Ehrentitel, ein Hobby. Im Grunde bin ich Entrepreneur.

TITANIC: Würden Sie sagen, Sie haben sich hier ein Netzwerk, ein "Unternehmen" aufgebaut, in dem Sie als Boss von Zeit zu Zeit nach dem Rechten sehen müssen?

Miri: Es läuft mittlerweile auch ganz gut ohne mich. Wie ich gelesen habe, sind seit 2012 fast 30 000 abgeschobene Asylbewerber wiedereingereist. Was für eine Manpower!

TITANIC: Aber Herr Miri, von denen dürfte doch nur ein verschwindend geringer Teil geplant haben, sich irgendwelchen "Clans" anzuschließen!

Miri: Wenn man den "Focus online"-Kommentarspalten oder der "Bild" glauben möchte – und warum sollte man das nicht tun? –, schon. Au weia, da fällt mir ein: Was, wenn die plötzlich eine Gewerkschaft gründen wollen? Oder eine Frauenquote einführen? Ja, das sind so Sachen, die du dir erst mal nicht klar machst, wenn bei der Berufsberatung "Clan-Chef" rauskommt!

TITANIC: Innenminister Seehofer fängt neuerdings höchstpersönlich Wiedereinreisende an der Grenze ab. Ist Ihnen da nicht ein wenig mulmig zumute?

Miri (verdreht die Augen): Bruder Seehofer möchte ich am liebsten das sagen, was ich auch meinen echten Brüdern immer sage: "Guck mich blöd an und ich schlag dir mit einem Billardqueue den Schädel ein!" Aber Klartext kommt heutzutage in Deutschland nicht mehr gut an, man muss taktisch und sensibel formulieren. "Mister Seehofer, tear down that wall", würde ich ihm zurufen.

TITANIC: Könnten Sie sich vorstellen, in Zukunft trotz allem im Libanon Wurzeln zu schlagen?

Miri: Klar, schlagen lässt sich's überall. Aber im Ernst: Wenn ich mich zu lange in einer besonders verarmten und maroden Gegend aufhalte, denke ich schon: "Fuck, ich muss unbedingt raus aus Bremen!" Aber es ist halt meine Heimat.

TITANIC: Würden Sie das Hickhack um Ihre Person als "Abschiebe-Drama", "Abschiebe-Farce" oder eher als "Abschiebe-Hickhack" bezeichnen?

Miri: Am liebsten als "Abschiebe-Epos". Es ist alles drin: Coming-of-Age-Prolog, Crime, Comedy, Melodrama, Romanze …

TITANIC (mit Falsettstimme): Uuuuuhh, gibt es etwa auch eine Frau Miri?

Miri (druckst, errötet): Vielleiiiiicht.

TITANIC: Stimmen aus Politik und Medien fordern inzwischen eine sogenannte "Lex Miri". Was sagen Sie dazu?

Miri: Leck's miri am Arsch! sag ich dazu. Ein wenig stolz macht es mich zwar, aber von Stolz kann ich mir keinen Reisepass kaufen.

TITANIC: Wie war's eigentlich in Istanbul?

Miri: Das, was ich davon gesehen habe, also dieser Röhrengang, der vom Flugzeug zum Terminal führt, war ganz nett. Sauber und klimatisiert. Tripadvisor-Wertung folgt!

TITANIC: Herr Miri, wir danken für das Gespräch.

 

Torsten Gaitzsch

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Briefe an die Leser

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg