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Vergesellschaftung und Zigaretten – Kühnert und die SPD

Sechs Teile umfasst die NDR-Doku über "Kevin Kühnert und die SPD" – und hat damit mehr Episoden als die SPD Prozente im Osten Deutschlands. TITANIC hat im Rausch der nach den Wahlergebnissen die ganze Partei umfassenden Olafliebe die Serie in einem Erdrutsch durchgeschaut und präsentiert die besten Szenen:

Vor der Europawahl 2019: Kühnert ist im "Wahlkampfmodus" (Journalisten) und besucht den SPD-Ortsverband Wuppertal-Süd. Er raucht dabei.

Vorsitzender des Kreisverbandes: Und hier siehst Du unseren Naturspielplatz. Also eigentlich sind das bloß ein paar alte Autoreifen, die nicht so wirklich brennen wollten, aber wir dachten, wir lassen die mal liegen für die Kinder von den Hartz-IV-Empfängern, die können ja auch nichts dafür, dass ihre Eltern so faul ...
Kühnert (unterbricht ihn): Weißt du was, Genosse? Ich liebe Europa! (deutet auf seinen Pullover, der das Logo der EU zeigt, allerdings sind die Sterne durch kleine gelbe Herzchen ersetzt worden)
Vorsitzender (ganz aufgeregt): Ich auch! (Sie fallen sich in die Arme und intonieren im Kanon die "Ode an die Freude", Kühnert nimmt nach jeder Silbe einen Zug)
Rest des SPD-Kreisverbandes Wuppertal Süd (im Sprechchor, arhythmisch klatschend): Eu-ro-pa! Eu-ro-pa! (alle knutschen)
Ein Journalist (springt aus dem Gebüsch): Herr Kühnert, soll das heißen, dass die SPD aus der GroKo austreten soll?
Kühnert (genervt rauchend): Darüber will ich jetzt nicht reden. Fragen Sie mich was zu Europa!
Journalist: Ähm, okay, gut, hm, wie, wie finden Sie denn Europa so?
Kühnert: Eu-ro-pa, Eu-ro-pa (der Ortsverband stimmt ein, der Sprechchor dauert einige Minuten an, bis er verebbt), Eu-ro-pa ist die Antwort (Kühnert grinst, ohne dass ihm die Zigarette aus dem Mund fällt).
Journalist: Auf welche Frage denn?
Kühnert: Jetzt werden Sie mal nicht investigativ hier! (Er lässt den Journalisten beim Ortsverband stehen, der diesen in den Singkreis zieht, und geht eine rauchen)

Immer noch vor der Europawahl: Kühnert hat gerade ein Zeit-Interview gegeben, in dem er vorgeschlagen hat, BMW zu vergesellschaften. Er kommt am nächsten Morgen am Willy-Brandt-Haus an und summt leise die Internationale. Ein Dutzend Journalisten hat vor der Redaktion gecampt und läuft nun auf ihn zu. 

Journalist 1: Herr Kühnert, wie wollen Sie Ihre politischen Einstellungen den Mauertoten erklären?
Journalistin 2: Ich bin selbst BMW-Fahrerin! Wollen Sie mich jetzt standrechtlich erschießen lassen?
Journalist 3: Iwo, standrechtlich! Da ist dann nichts mehr mit Recht! Herr Kühnert, wo haben Sie sich so radikalisiert? An der Uni kann es ja nicht gewesen sein, Sie haben ja nicht zu Ende studiert, Sie Versager!
Kühnert (raucht erstmal eine): Fragen Sie sich mal was zu Europa! Europa ist die Antwort. Europawahlen sind mittlerweile genauso wichtig wie Bundestagswahlen!

Die Journalisten fallen vor Lachen um, Kühnert steigt mühsam über sie hinweg ins Willy-Brandt-Haus. Drinnen wartet Olaf Scholz auf ihn.

Scholz: Hör mal, Genösschen, jetzt mal von Juso-Vorsitzendem zu Juso-Vorsitzendem. Lass den Scheiß oder es gibt einen Parteiausschluss.
Kühnert: Das ist nicht fair! Jetzt unterstütze ich Norbert und Saskia bei der Wahl zum Vorsitz.
Scholz: Hä, wer sind Norbert und Saskia? (Kühnert mustert ihn verächtlich und geht in sein Büro zum Rauchen)

Beim Juso-Kongress 2019: Kühnert kommt zum Ende einer halbstündigen Rede.

Kühnert: … habe ich jetzt wohl ein für alle Mal sowie hieb- und stichhaltig erklärt, warum es überhaupt kein Widerspruch ist, sich als Sozialist zu bezeichnen und in der SPD zu sein! Gibt es noch Fragen? (Der Juso-Chef blickt in zufriedene Gesichter, seine Rede scheint die Jusos wirklich überzeugt zu haben, schade, dass wir sie nicht kennen). Ach so, ich wäre auch gern weiter Juso-Vorsitzender, bitte (nun kommt Unruhe im Saal auf, Menschen kreischen, fallen in Ohnmacht, wählen Kevin Kühnert mit 99 Prozent wieder, tragen ihn auf Händen direkt ins Kanzleramt, wo sie ihn Angela Merkel vor die Füße kippen).
Merkel: Glückwunsch zur Wahl, Kevin! Fand ich sehr interessant, dein Interview in der Zeit. Aber ich fahre ja auch nicht BMW, hihihi. (Sie fängt an, zu lachen, Kühnert stimmt ein)

Vor der Bundestagswahl: Kühnert ist mittlerweile stellvertretender Vorsitzender der SPD, dafür nicht mehr Juso-Chef, aber kandidiert dafür wiederum für den Bundestag. Er macht Haustürwahlkampf, bläst den Rauch seiner Zigarette durch die geöffnete Tür in die Wohnungen der Leute. Im Hintergrund piepsen schrill die Feuermelder.

Kühnert: Hallo, ich bin Kevin Kühnert von der SPD und möchte Sie davon überzeugen, mich zu Ihrem Bundestagsabgeordneten zu wählen.
Wie, natürlich unterstütze ich Olaf Scholz?
So von Soze zu Soze.
Jetzt hören Sie sofort auf, über irgendwelche performativen Widersprüche zu lachen, oder ich lasse Ihre Wohnung vergesellschaften! Ob die Giffey das will oder nicht!

Laura Brinkmann

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt