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"Manchmal trage ich sogar rosa, ich bin nämlich Feminist" – Fynn Kliemann im Gespräch

Wieder einmal wurde Strubbel-Boy Fynn Kliemann von der Netzmeute in den Schraubstock gespannt und von allen Seiten gepiesackt. Und das nur, weil er sich als Handwerkerkönig entlarvt hat, der seine eigenen Handwerker nicht bezahlt. Doch ist er wirklich der knallharte Businesshai, als den ihn jetzt manche darstellen? TITANIC hat ihn zu einem klärenden Gespräch getroffen.

TITANIC: Herr Kliemann, was ist Ihre Antw-

Kliemann (unterbricht): Ach, nenn mich doch Fynn, was soll dieser ganze formelle Quatsch?

TITANIC: Okay. Fynn, was ist deine Antwort auf die Kritik derer, die dein Job-Angebot als unsensibel und dreist bezeichnen?

Kliemann: Die sollen sich mal entspannen, ich will hier doch nur 'n geiles Projekt mit meinen Jungs auf die Beine stellen. Und das geht halt am besten, wenn alle mit anpacken. Und wofür braucht man das ganze Geld? Die Leute sollen einfach zehn Jahre lang die gleichen Vans tragen, so wie ich. (zerwuschelt seine sonnengebleichte Mähne)

TITANIC: Aber sollte es für ein gebührenfinanziertes Format wie das Kliemannsland nicht möglich sein, die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bezahlen?

Kliemann: Ein Job bei uns im Kliemannsland ist nicht wie so ein 0815-Bürojob. Im Kliemannsland arbeiten – das bedeutet Abenteuer. Das heißt geile Leute, geile Stimmung, geile Bratwürste und knuddelige Schlafkojen. Und wer im Kliemannsland mit anpackt, ist nicht nur für immer Teil der Kliemannfamilie, sondern kriegt dazu auch noch eine kostenlose Fynn-Kliemann-Platte. Alder, das ist doch mega.

TITANIC: Wo geht denn das ganze mit funk verdiente Geld hin, wenn nicht an die Mitarbeiter*innen?

Kliemann: Lass mich auch mal eine Frage stellen: Wann hast du zuletzt einfach mal so ein richtig geiles Projekt zusammengelötet?

TITANIC: Ehm …

Kliemann: Exakt! Du hältst dich fest an deinem journalistischen Klein-Klein und verlierst dabei dein größtes Ziel aus den Augen: Dich! Was du brauchst, ist ein Rebranding, 'ne fette Website und 'nen Online-Shop wo du richtig geil Produkte in den Äther ballern kannst. Ich kann dir da was bauen, wenn du willst. Ich leih dir einen von den Jungs aus der Firma, der eigentlich gerade an dem Design für mein neues komplett veganes, in Portugal hergestelltes Haarwachs sitzt. Den Namen wirst du nie erraten.

TITANIC: Und zwar?

Kliemann: Wichse! Das wird der Name. Geil und frech, oder? Habe ich mir selbst überlegt.

TITANIC: Sicherlich. Und danke für das großzügige Angebot. Aber sollte es nicht um mehr gehen als Selbstverwirklichung?

Kliemann: Ja, klar. Ich bin auch mega sozial, das Hausboot von mir und dem Hammertypen Olli Schulz ist auch für abgefuckte, hängen gebliebene Leute offen, und Viva con Agua durfte mal bei uns auf dem Hof campen. Manchmal trage ich sogar rosa, ich bin nämlich Feminist.

TITANIC: Klasse. Wie sehen denn deine Pläne für die Zukunft aus?

Kliemann: Ich sag nur eins: gründen, gründen, gründen. Es gibt keine Entschuldigung, nichts zu tun! Und vielleicht kommt ja noch ein drittes Album. Die 1-Live-Krone hat mich nämlich hungrig gemacht. Hauptsache kein Mainstream.

Antonia Stille

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Briefe an die Leser

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg