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"Wenn eine alte Dame mit ihrem Rollator kokett am Zebrastreifen zuckelt, dann helfe ich ihr!"
Er ist jung, er ist konservativ, er ist seltsam. TITANIC sprach mit Philipp Amthor über sein Leben in der CDU, über Stützstrümpfe auf reifer Haut und Kindheitserinnerungen aus dem Ferienlager.
TITANIC: Herr Amthor. Sie sind 26 Jahre alt, überzeugter Konservativer und sitzen für die CDU im Bundestag. Was treibt jemanden in diesem Alter in die Union?
Amthor: Das kann ich kurz und knapp beantworten: Werte. Die guten alten Werte.
TITANIC: Was sind das für Werte?
Amthor: Einfach eine gewisse Menschlichkeit. Heißt: Hilfsbereitschaft, ein offenes Ohr für alle. Wenn eine alte Dame mit ihrem Rollator kokett am Zebrastreifen zuckelt, dann helfe ich ihr über die Straße und gehe eben nicht an ihr vorbei wie viele andere. Vielleicht entsteht dabei ein netter Plausch, ein leicht anzüglicher Witz fällt und ein paar Minuten später sitzt man schon bei einer Sahnetorte in ihrem Lieblingscafé und ich habe die Hand auf ihrem Stützstrumpf. Wenn sie dann noch das Kreuz an der richtigen Stelle macht, dann ist die Welt an diesem Tag für uns beide ein kleines bisschen besser geworden.
TITANIC: Das klingt …
Amthor: Schön, ich weiß. Aber das ist mein Antrieb: Ich will Schönheit, Liebe und Gerechtigkeit in die Welt bringen. Und als Konservativer weiß ich, dass das nur geht, wenn wir uns selbst, vor allem aber auch die Schwachen, systematisch martern. Dazu brauchen wir einen Rechtsstaat, der auch mal einen Warnschuss abgibt und – metaphorisch gesprochen – ab und an seine Keule rausholt.
Keult manchmal unter dem Tisch: Amthor bei der Arbeit im Bundestag
TITANIC: Sind Sie ein Weltverbesserer?
Amthor: Gott bewahre, nein. Aber ich glaube schon daran, dass es auf jeden Einzelnen ankommt, wenn man dafür Sorge tragen will, dass sich nichts verändert.
TITANIC: Sie haben bereits eine straffe Karriere hinter sich, waren schon als Jugendlicher in der CDU, obendrein promovieren Sie gerade. Kennen Sie so etwas wie Freizeit und Genuss überhaupt?
Amthor (lacht): Ja, das kenne ich. Aber ich liebe meine Arbeit und identifiziere mich damit. Ohne sie wäre ich nur ein komischer Junge mit verqueren Ansichten.
TITANIC: Fühlen Sie sich alt?
Amthor: Leider nein, aber ich arbeite daran.
TITANIC: Was ist Ihre schönste Kindheitserinnerung?
Amthor: Mhm, ich würde sagen, das war im Sommercamp der Jungen Union im Fichtelgebirge. Da dürfte ich 14 Jahre alt gewesen sein. Wir haben ein rotes Eichhörnchen mit einer Luftpistole vom Baum geholt, das danach offensichtlich einen motorischen Schaden hatte, und es die ganze Nacht gemeinsam gesund gepflegt, weil wir ein schlechtes Gewissen bekommen haben. Am Ende ist es dann aber doch qualvoll verendet. (lacht)
TITANIC: Herr Amthor, vielen Dank für das Gespräch!
Amthor: Nein bitte, ich danke ihnen!
Fabian Lichter