Was kommt nach heute? – Interview mit einem Zukunftsforscher
Bis vor kurzem dachte man, Zukunftsforschung gehöre der Vergangenheit an, doch dank des Wetters feiert sie ein Comeback. Wie kann sie dem Einzelnen helfen? Ein Interview mit dem Zukunftsforscher Dr. Gabriel Morgen
TITANIC: Guten ...
Morgen: Sagen Sie jetzt nicht Morgen!
TITANIC: Nein, wieso denn? Es ist ja bereits Sonnenuntergang. Sie wollten sich doch so spät treffen.
Morgen: Ja, das wollte ich. Weil mich Leute vor dem Abend selten loben.
TITANIC: Ähm … ja, gewiss. Andererseits werben Sie mit dem Spruch "Morgenstund hat Zukunft im Mund" für Ihre "Zukunftssprechstunde".
Morgen: Die findet aber stets abends statt. Denn: Morgen am Morgen bereitet …
TITANIC: Genug! Gleich kommen Sie uns noch mit "Der Morgen stirbt nie", oder wie dieser James-Bond-Film hieß.
Morgen: Niemals. Nie. James Bond ist ja wohl von gestern - und mir geht es um Morgen. Gabriel Morgen. (verschwörerisch) Und haben Sie gehört, der neue 007 soll eine schwarze Frau werden. Eine schwarze Frau!
TITANIC: Wie bitte? Ist das nicht ein bisschen rassistisch?
Morgen: Ein bisschen?
TITANIC: Puh. Kommen wir lieber zu Ihrer "Zukunftssprechstunde", in der Sie Ihren … ähm ... Patienten … oder Kunden? ...
Morgen: Wir nennen sie "Morgensterne".
TITANIC: Du meine Güte! Jedenfalls erstellen Sie in der Zukunftssprechstunde angeblich "ein individuell zugeschnittenes Zukunftsprofil" und wollen "mit einem auf die privaten Bedürfnisse angepassten Zukunftsprogramm die persönliche Zukunftsfähigkeit verbessern". Was genau erwartet einen da?
Morgen: Woher soll ich das wissen? Kann ich in die Zukunft schauen? Kommen Sie halt einfach mal vorbei. Die erste Stunde geht aufs Haus! Also Ihres. Denn Sie müssten schon eine Hypothek aufnehmen, um sich das leisten zu können.
TITANIC: Wie meinen Sie das? Sehe ich so arm aus?
Morgen: Das nicht, heutzutage negieren ja die Reichen durch bewusstes Genausoscheißeaussehen und Billigluxuslook die optischen Klassenunterschiede. Ich meinte das eher, weil Sie Journalist sind. Sind Sie doch, oder?
TITANIC: Ja.
Morgen: Hahaha, ja, da könnte ich Ihnen einiges über Ihre Zukunft erzählen. (düster) Aber das wollen Sie bestimmt nicht hören.
TITANIC: Wie? Jetzt können Sie doch die Zukunft vorhersehen?
Morgen: Na ja, für die Zukunft von Journalisten braucht es nun wirklich keinen Doktortitel oder auch nur zwei Gramm Grips.
TITANIC: Nun gut. Kommen wir zu Ihrer Forschungsarbeit: Sie untersuchen nun seit vierzig Jahren die Zukunft. Gibt es da zu allgemeinenernde Regeln, die Sie gefunden haben?
Morgen: Wissen Sie, mit der Zukunft ist es wie mit Schrödingers Katze - je mehr man von ihr hört, desto heftiger will man kotzen.
TITANIC: Und das ist jetzt eine Regel?
Morgen: Ach, Regeln, Schmegeln. Ich finde, man muss das alles nicht immer so eng sehen.
TITANIC: Was?
Morgen: Das mit der Zukunft. Es kommt halt, wie es kommt. Wozu sich den Kopf zergrübeln.
TITANIC: Sie sind doch der Zukunftsforscher!
Morgen: Joa. Wollte Mutter so.
TITANIC: Mein Gott, irgendwas werden Sie doch über die Zukunft sagen können!
Morgen: Okay, wenn Sie unbedingt wollen: Klimawandel unaufhaltsam, alle sterben grausam. (zieht Augenbraue hoch) Sind Sie jetzt zufrieden?
TITANIC: Nein.
Morgen: Also!
TITANIC: Dr. Gabriel Morgen, wir danken für das Gespräch.
Morgen: Selber!
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