TITANIC Wut-Rubrik: Die offene Tür
Heute: Rolf Dinckelmann (85) über Werbung und "Lebens"mittel
Neulich fuhr ich mit meinem ’93er Diesel einer bekannten Rüsselsheimer Automobilfabrik an einer Reklametafel vorbei, von der aus mich ein sogenannter Burger allzu verlockend anlachte. Ein saftiges Filetstück Rindfleisch, darauf geschmolzener Käse, knackiger Salat und die obligatorische Tomatenscheibe, eingefaßt von einem knusprigen Brötchen, mit goldgelben Sesamkörnern bestreut. Mein letzter Besuch in dem wohl berühmt-berüchtigtsten aller Schnellrestaurants, dessen unverwechselbares Logo mit den zwei gelben Bogen zum zweifelhaften Symbol westlicher Zivilisation geworden ist, lag nun schon einige Jahrzehnte zurück und war nicht zum Vorteil der für ihre billigen Hamburger bekannten Kette ausgefallen. Zu fettig, zu süß, zu teuer, so hatte ich den Laden in Erinnerung.
Doch in Zeiten der von links-grüner Merkeldiktatur aufoktroyierten Zwangs-Veggie-Days in Kantinen, Zeiten, in denen man Gesundheit zur Ersatzreligion gemacht hat und selbst Kraftstoff neuerdings "Bio" sein muß, war es vielleicht auch der Bulettenbräterei Marke USA gelungen, den Fettgehalt ihrer Speisen auf unter fünfzig Prozent zu drücken, so dachte ich. Also suchte ich die nächstbeste Filiale auf und bestellte eines der so verführerisch aussehenden belegten Brötchen. Doch als ich die Schachtel an meinem Platz dann öffnete, fiel mir glatt die Kinnlade auf den Eßtisch, und das nicht vor Appetit! Das ausgehändigte Produkt hatte mit dem auf dem Plakat wenig gemein. Das Fleisch war viel zu stark geröstet, der Salat war schlaff, die Tomatenscheibe rosa, und das Brötchen lappig mit wenigen weißen Sesamkörnern. Ich verlangte nach dem Geschäftsführer und stellte ihn zur Rede. Der erklärte mir, halten Sie sich fest, daß die in der Werbung abgebildeten Speisen völlig andere seien als die in den Fast-Food-Buden verkauften. Wüßte ich nicht, daß die Gerichte auf Weisung der Regierung (bzw. deren Auftraggebern) entscheiden müßten, hätte ich den Kerl glatt verklagt. Mit dieser Methode werden gutgläubige Kunden hinters Licht geführt, und das schon seit Jahren! Was muß in diesem Land noch alles passieren, damit die Leute endlich aufwachen?! Die Nahrung, die man uns vorsetzt, ist zu reinem Industriegiftmüll geworden und enthält mehr Chemikalien als eine durchschnittliche Putzkammer.
Inzwischen haben die meisten Leute sogar verlernt zu kochen. Bestes Beispiel: mein eigener Enkel. Der, Student der Volkswirtschaftslehre im dritten Semester, erzählte mir, er würde des öfteren für die ganze WG kochen. Was er denn da so auftische, fragte ich. Und er antwortete tatsächlich, es sei immer dasselbe: Spaghetti Bolognese aus der Dose. Die Lebensmittelindustrie hat ihr Ziel in dieser Generation anscheinend schon erreicht, die Menschen zu unmündigen Kunden zu erziehen, die vollständig von dem Fertigmist aus dem Supermarkt abhängig sind. Viele kennen die Bestandteile ihres eigenen Essens nicht mehr und wissen nicht, wie es zubereitet wird. Manchmal wünscht man sich fast einen neuen Krieg, damit die Jungen wieder näher an die ursprünglichen Lebensmittel kommen und lernen, daß Pizzen nicht auf Bäumen wachsen. Als ich vor kurzem meine Enkelin in der Stadt besuchte, stellte sich doch glatt heraus, sie glaube, Kühe seien lila. Dazu fällt einem wirklich nichts mehr ein.
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