TITANIC-Social-Media-Guide: Nach der US-Wahl
Ja, es ist wahr, es war kein böser Traum, der worst case hat sich eingestellt, die Amis sind wirklich so blöde. Aktualisieren Sie Ihr Profilfoto, tauschen Sie Ihr Spaßtitelbild durch eine politische Botschaft aus. Jetzt ist es wichtig, jetzt kommt es auf Sie an. Beherzigen Sie jedoch bitte diese Hinweise:
1. Sprachlos, fassungslos? Heute normal. Einfach nur der WOW-Smiley, aber auch "Wtf", "Nee, oder?", Apokalypse-Meme oder "Wer will saufen?" – und alle wissen Bescheid: Sie sind nicht einverstanden. Man kann bei Facebook außerdem eine Emotion einstellen, nutzen Sie diese! Bei Twitter empfiehlt es sich, Posts von schockierten Ami-Promis zu sharen ("This!"), die sind näher dran und finden die richtigen Worte.
2. Beschimpfen Sie den alten Sack! Rassist, Chauvi, schlecht blondiert! Und seine Anhänger erst. Sie haben gestern bei Phoenix gesehen, was für irre Gestalten diesen Wahnsinnigen wählen, Hinterwäldler, Nazibrut, Esoterikspinner. Kein Wunder! Es empfiehlt sich direkt, ein Live-Video oder ein... wie heißt das nochmal... Vlog aufzunehmen und dann so richtig vom Ledergesicht zu ziehen. Den eigenen Kopf dabei oft ins Gesicht fallen lassen: Sind die denn alle bescheuert? Ja.
3. Geben Sie einen Überblick über die amerikanischen Verhältnisse und erklären Sie, daß wir das hierzulande ja kaum verstehen könnten, denn die Kultur dort ist eine ganz andere, nur mit Verständnis dafür ist es möglich zu begreifen, wie das passieren konnte. Leiten Sie ihr Statement ein mit: "Wie konnte das passieren?" und dann mindestens fünf Punkte (vgl. dieser Beitrag). Ihr nächster Post könnte dann lauten: "Was jetzt auf uns zukommt", dann aber bis zu zehn Punkte.
4. Holen Sie den Politikwissenschaftler in sich raus. Krise der Demokratie, überholtes Wahlsystem, die Leute haben keine Alternativen, man muß sie wieder abholen usw. Ganz wichtig auch die fortschreitende Verrohung der Gesellschaft, Suche nach Antworten, was haben wir alle versäumt? Fragen und Durchhalteparolen.
5. Ihnen gehen die Verschwörungstheorien aus, weil offenbar doch nicht die verschwuchtelten, zionistischen Feminazis im Hintergrund die Fäden ziehen, sondern am Ende nur das Geld? Nehmen Sie nichts einfach hin! Zweifeln Sie die Wahlergebnisse an. Wenn nichts geht, geht immer noch Wahlbetrug. Außerdem auch gut: der Hinweis, erstmal abzuwarten. "Jetzt kommen erstmal ein Haufen Klagen!" Oder: "Der Brexit hat ja auch nicht einfach so geklappt." Genau! Ziehen Sie Parallelen zum Brexit.
6. Nutzen Sie die Gelegenheit, um jetzt mal endlich zu sagen, daß diese Tiffany Clinton auch nicht das Wahre gewesen wäre, und Kommunismus schon gar nicht. Werden Sie nostalgisch! Der gemütliche Sanders-Opa, der hätte doch... verdammt. Rudern Sie zurück, sagen Sie, Sie hätten schon immer dies und das empfohlen, aber die fettgefressenen Amischweine wollten es mal wieder nicht hören.
7. Achten Sie generell auf die richtige Wortwahl, eine gute Rechtschreibung, finden Sie den richtigen Ton. Es wird von allem ein Screenshot angefertigt und von irgendwem eines Tages an das ZDF verkauft, als Zeugnis dieses historischen Tages: "Das Trumpdesaster. So reagierten damals die Menschen."
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