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TITANIC Plattenkritik: Kanye West – The Life of Pablo (Teil 2)

10. Waves (feat. Chris Brown)
Dieses Stück hat alles, was ein guter Rap-Song braucht: einen guten Rapper (K. West). Der Rest nervt ja eher, vor allem Chris Brown, dieser Rüpel. Frauen zu schlagen, dazu noch mit der Faust statt mit der flachen Hand, zeugt von keiner guten Kinderstube. Traurig, daß West mit so jemandem "abhängt", er findet das wohl "cool". Außerdem kann Brown nicht gut singen, jedenfalls im Vergleich zu Udo Jürgens oder Beyoncé. Wenn er denn wenigstens passabel sänge! Dann dürfte er von mir aus auch mal jemanden verhauen (wenn es sein MUSS). Das würde sich ja mit dem Sangestalent dann einigermaßen die Waage halten. Würde! Er kann’s ja nicht! Top-Song.

11. FML (feat. The Weeknd)
Hier zeigt sich Kanye West ungewohnt sensibel, verletzlich, introspektiv – voll peinlich! So larmoyant wie Gauck, und das als Rapper, geht’s noch??? Dafür ist die Musik auf höchstem Niveau, das haut’s dann wieder raus. Eine raffinierte Melange aus Echo & the Bunnymen, Beckmann & Band und The Jesus & Mary Chain, obwohl – oder gerade weil? – letztere das Kaufmanns-Und ja stets abgelehnt haben. Wieso eigentlich? Fazit: mittelprächtig.

12. Real Friends (feat.Ty Dolla $ign)
"Die Hi-Hat hallt im Hintergrund mächtig-metallisch", schreibt die Süddeutsche. Naja, das wollen wir ihr mal glauben, nachzuprüfen ist das sowieso nicht, jedenfalls ohne Account beim Streaming-Dienst Tidal, der Wests Album exklusiv vorabpräsentiert oder so. Wissen Sie, was so ein Account oder womöglich Premium-Account kostet? Bestimmt nicht viel, aber trotzdem… Man kann sich doch denken, wie so eine Hi-Hat klingt. "Mächtig-metallisch", hm, ja, das könnte hinkommen. Glauben wir ausnahmsweise mal der SZ, immerhin geht’s nicht um Israel. Toller Song über die Freundschaft, besonders der Mittelteil zeigt die ganze Klasse des Ka. West.

13. Wolves (feat. Frank Ocean & Caroline Shaw)
Wests Hommage an den VfL Wolfsburg weckt Zweifel an der künstlerischen Integrität des US-amerikanischen Ausnahmetalents. Ist er nicht in Chicago, Illinois aufgewachsen, müßte folglich ein eingefleischter Fan der dort ansässigen „Bulls“ (NBA) sein? Aber nein, Ka. We. besingt lieber die "Wolves" und "Mr. Hecking, ma Man", gar "the incredible atmosphere in the Volkswagen Arena". Gibt es einen Zusammenhang mit der kostenlosen Lieferung von 100 fabrikneuen Porsche (immerhin eine VW-Tochter) an die Privatadresse des bekennenden Autonarrs West? Will der niedersächsische Autobauer sein insbesondere in den USA schwer ramponiertes Image aufbessern durch die Collabo mit dem Superstar und "überragenden Jungen" (Schürrle) Kanye West. Dieser dementiert ebenso vehement wie VW-Boss Müller, allein: die Zweifel bleiben. Unabhängig vom Text ist der Song echt prima geworden: Episch-hypnotische Soundcollagen, rhythmische Salsa- und Rumba-Klänge und herrlich unbeschwerter 90er-Skatepunk geben sich die Türklinke in die Hand, hier ist für jeden was dabei. Vorsprung durch Technik, you know!

14./15. Silver Surfer Intermission/30 Hours (feat. La View)
Die bisher fruchtbarste Zusammenarbeit zwischen West und dem umtriebigen Berliner Musiker und Produzenten La View. Kanyes Halbbruder Dee-jay West-Bam hat die beiden Enfant terribles einst zusammengebracht, heute ist West Taufpate von La Views kleiner Tochter Inter, während La View Kanye in Glaubensfragen berät (Scientology). Der Song ist so brillant, so sophisticated, so mind-boggling, daß ich mir wünsche, ich hätte bereits die Gelegenheit gehabt, ihn mir anzuhören. Die SZ berichtet jedenfalls von einem "Autofahrsong", einer "tight groovenden Reise von Happach über Chicago bis nach L.A. (West(!)küste)", einem "unfaßbar entspannten Roadtrip für Personen von 6 bis 99 Jahren". Gut, daß Ernst Jünger das nicht mehr lesen muß; Gadamer hat ja eher Klassik gehört.

16. No More Parties in LA (feat. Kendrick Lamar)
Ein Gipfeltreffen, ohne Frage. Doch Lamar ist zu Fuß gekommen, während West mit dem Sportwagen den 8000er hochgefahren ist, die Sherpas ungerührt über den Haufen fahrend. So ist der echt drauf, "positiv verrückt" nennt man das heutzutage wohl. Ich will darüber nicht urteilen, dafür gibt es Juristen. Zur Musik: Die Instrumentierung arrangiert West in den vokalischen Passagen beinahe erzählerisch, schwelgerisch, nicht ohne im Allegro wieder bestimmter und kristalliner zu werden, den feinziselierten G-Funk-Beat als Klangteppich, nein eher als Rolltreppe installierend, auf der Kenny Lamars Übermensch-Reime gleichsam zum Himmel fahren.

17. Facts (Charlie Heat Version)
Puh, ganz schön viele Songs auf dem Album. Dieser hier, nun, was ist darüber zu sagen? Ein schöner Song, ohne Zweifel, gleichzeitig tieftraurig. Ein schrecklich-schauriges Stück US-Gegenwart, eine optimistisch-pessimistische Reflexion über Gut und Böse, über Krieg und Frieden, über Land und Leute, ein präzises Sittenbild der amerikanischen Gesellschaft im Spannungsfeld zwischen Silicon Valley, der Wall Street, dem Klima, dem Chinesen, dem Dänen, der Raumfahrt, der Hirnforschung, der Krankenversicherungssituation, Donald Trump, den Mormonen, dem Super Bowl, der Oscar-Verleihung, dem Islam, Netflix, der Ölkrise, der Psychoanalyse, dem Geschlechterkampf, der Situation im Bereich der Automobilzulieferbetriebe, der demographischen Katastrophe, der Glücksspielgefahr, der drohenden Malaria-Epidemie in den New-England-Staaten, dem Embargo gegen die Seychellen, der sinkenden Qualität von Trinkwasser, Hartplastik, Humankapital, Tierfutter, Antidepressiva, Radieschen, Reizwäsche, Suppengrün, Brillen, Zuckerersatzstoffen, Zahnseide, Rattengift und – berücksichtigt man die aktuelle Berichterstattung – insbesondere Kühlkettensystemen, Waffeleisen und Dillspitzen. Der Mann ist sehr ehrgeizig, das war bekannt. 

18. Fade (feat. Ty Dolla $ign & Post Malone)
Gerade angehört, sofort wieder vergessen. Ein unterschätztes Merkmal großer Kunst übrigens: daß sie einen nicht weiter beschäftigt, behelligt. Im Gedächtnis bleiben dagegen nur die trivialsten, ärgerlichsten Hervorbringungen allergrößter Banalität, Stumpf- und Dummheit: Ich muß z.B. jetzt gerade unvermittelt an das Gesamtwerk Herbert Grönemeyers denken. Fazit: Ein toller, ein großer Song. State of the art, wie man im Commonwealth sagt.

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick