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So schwarz-rot-GEIL war der Super Bowl LIII

Das traditionsreichste Sportevent der USA lockte auch dieses Jahr Tausende Fans ins Stadion und vor die Geräte. Weder ein streitbarer Präsident noch der "Polar Vortex" konnte die Stimmung trüben. Ein Bericht von unserem Amerika-Korrespondenten Torsten Gaitzsch

Wer das fantastischste Ballspektakel des Winters hierzulande verfolgen wollte, hatte schlechte Karten: Nicht nur war der Termin heuer auf den Beginn einer Arbeitswoche gefallen, wegen der Zeitverschiebung war es zudem in Mitteleuropa bereits 22 Uhr, als der Anstoß erfolgte. Doch alle, die solange aushielten, um dann pünktlich auf ihrem Videorekorder die Aufnahmetaste zu drücken, wurden heute früh Zeuge einer tollen Partie – wie auch die Männer auf dem Platz. Und von denen waren es vor allem zwei, die den Kampf um "the old pigskin" dominierten: Tom "The Patriot" Brady und Dieter Rams. Ihre jeweiligen Mannschaften hatten sich über Monate hinweg durch ein hochkompliziertes Auswahlverfahren, die sog. "primaries", für diese Begegnung qualifiziert. Am Ende gab es satte 16 Punkte und viele, viele Tränen.

Take me out to the ball match

Im altehrwürdigen Mercedes-Benz Stadium in Atlanta wurde der 53. Super Bowl ausgetragen, Augenzeugen zufolge war es bis zum letzten Platz belegt. Wer nicht im Stadion war, saß vorm Fernseher. In den USA sind "Super Bowl Parties" ein fester Bestandteil des Brauchtums. Zu diesen Feten gehört nicht nur das gemeinsame Ansehen des Spiels, sondern auch das Vertilgen unzähliger Snacks: Kartoffelchips, Hackbällchen, Popcorn, Backerbsen, Beef Jerky, Oreo's, Cornichons, Käse aus der Tube und Kokosflocken. Gesund geht anders. Dazu wird Bier aus speziellen Helmen mit Strohhalmen getrunken.

Anders als beim nicht-amerikanischen Fußball ("Soccer") gibt es beim Football nicht zwei, sondern ganze vier Halbzeiten. Warum so viele? Ganz einfach: Die Fans wollen es so. Denn nach jedem "Inning" gibt es eine legendäre Zusatzveranstaltung, ein Event im Event quasi: die Halbzeit-Show.

Hut! Hut! Pizza Hut!

Wenn du es in die Halbzeit-Show schaffst, schaffst du es überall hin, lautet eine englischsprachige Binsenweisheit. Und fürwahr, alles, was Rang und Namen hat, ist hier schon aufgetreten. Lady Gaga, Michael Jackson, Frank Sinatra, A Boogie wit da Hoodie und Céline Dion haben sich mit ihren Interpretationen der Nationalhymne unsterblich gemacht. Aber auch Berühmtheiten aus anderen Sparten treten hier regelmäßig auf: Barack Obama hielt bei einem Duell zwischen den Duluth Cowabangas und "Da Bears" seine entscheidende Wahlkampfrede. Das Magierduo Penn und Teller ließ im Katrina-gebeutelten Superdome von New Orleans einen fliegenden Tiger ertrinken. In den Achtzigern wurde ein gigantischer Pacman auf den Rasen projiziert – was einen nicht geringen Skandal wegen des Vorwurfs der schwarzen Magie auslöste.

Dieses Jahr nun also Maroon 5. Die LA-Rocker um Schönling Adam Levine ließen nicht nur die Herzen der Cheerleader höher schlagen … Überhaupt, die Cheerleader. Was vor kurzem noch undenkbar war – knapp bekleidete junge Mädchen tanzen aufreizend am Spielfeldrand –, ist heute gang und gäbe. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen, jeder "move" sitzt. Spezielle Choreographien werden eingeübt, auch die sogenannten "chants", z.B. "Let's go, win the game / otherwise it'll be a shame!", sind gründlichst einstudiert.

Und dann sind da noch die sagenhaften Werbespots. Wer diese verpasst, braucht sich am nächsten Tag gar nicht erst am Büro-Wasserspender blicken zu lassen. Die Werbetreibenden stecken horrende Summen in die Ausstrahlungsrechte, doch am Ende geht es um den Spaß. Der Bezahlsender HBO rührt hier für seine Erfolgsserien die Werbetrommel, Clint Eastwood fährt in einem mit Schrotflinten beladenen Pick-up-Truck durch die Prärie, und die ganze Nation stimmt ein, wenn die Reklamemelodien von "Meister Proper" oder "Wells Fargo" erklingen.

Money makes the world go round

Doch wie verlief das eigentliche Spiel? Konnte der heißersehnte Touchdown erzielt werden? Ja, konnte er. Nach etlichen "safety-punts" und aggressiven Defense-Manövern gelang es schließlich Sony Michel weit nach der 90. Minute, in die gefährliche Endzone zu rennen. Politisch hochbrisant: Michel ist schwarz. Doch solche Details sind vergessen, wenn erst einmal die Luft kocht. Da lachte sogar Donald Trump, der zuletzt wiederholt unangenehm aufgefallen war: "Great!" twitterte der Präsident enthusiastisch, und die Social-media-Gemeinde war ausnahmsweise d'accord.

Quarterbacks, tacklings, Pässe: Der American Football mit seinen undurchsichtigen Regeln und schwerverständlichen Fachwörtern mag hiesige Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer mehr verwirren als unterhalten. Trotzdem: Wer in die Seele eines Volkes schauen will, muss sich den Bierhelm aufsetzen. Nach dem Abpfiff bleibt nicht viel Zeit zum Feiern, die Menschen müssen ihren Jobs nachgehen, lassen sich erschöpft in die Federn fallen. Bis es in einem Jahr wieder heißt: Auf die Plätze, fertig, los! Doch nur die zwei Mannschaften, die am schnellsten ihre Bewerbungsunterlagen einreichen, kommen (eventuell!) hinein, in die begehrten "Finals". Dass diese auch 2020 wieder stattfinden, ist so gut wie sicher.

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg