Nah am Bürger, stark am Glas: Doc Nopp – der neue Stuttgarter Oberbürgermeister
Doktor Frank Nopper, seit 2002 Bürgermeister der eigentlichen Schwabenhauptstadt Backnang, hat die Wahl zum Stuttgarter Oberbürgermeister gewonnen und die Grünen aus dem Rathaus gejagt. Wer ist der Hoffnungsträger der Union?
Frank Nopper kommt am 25. Mai 1861 in Stuttgart zur Welt, glücklicherweise überlebt er diesen Schicksalsschlag. Dank seiner zwei größten Stärken, überbordender Männlichkeit und einem Gebiss aus Ziegelstein, gelingt dem später als Doc Nopp bekannten Lebemann der Aufstieg in der CDU. Schon sein Urgroßvater, aber auch sein Vater versuchten sich als Politiker in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, der jüngere Bruder Hank Propper verdingt sich derzeit im Stuttgarter Stadtrat. Alle jedoch ohne Erfolg, Stuttgart sieht heute kaum besser aus als unmittelbar nach dem Krieg. Der neue OB tritt also auch an, um den Namen seiner Familie reinzuwaschen.
Enormer Popularität erfreut sich Frank "Noppo" Nopper vor allem in den Spelunken des Stuttgarter Leonhardsviertels, wo man ihn besonders für seine Trinktipps schätzt. ("Säufsch zwischendurch halt au mal a Wässerle.") Als Erfinder des Backnanger Straßenfests, das Nopper in diesem Jahr als Ein-Mann-Party coronabedingt allein gefeiert hat, erlang Stuttgarts neuer Himbeertoni die Gunst der Wählerinnen und Wähler letztlich über die klassischen schwäbischen Herzensthemen, die magischen drei A: Autos, Alkohol und alkoholisiert Autofahren. Weil er aus beruflichen Gründen kein Volks-, Stadt-, Dorf-, Mai-, Feuerwehr- oder Faschingsfest der letzten 20 Jahre auslassen durfte, ist der Charmebolzen bestens gewappnet fürs Megaeventjahr 2021.
Mit seinem ursprünglichen Wahlslogan "Gendern statt schaffen" hatte der Oettinger-Schützling es sich vorübergehend allerdings bei vielen Stuttgarter*innen verscherzt. Deshalb trat er zur OB-Wahl mit "Schaffen statt gendern" an, so bekommt man in Stuttgart 42,3 Prozent der Stimmen. Backnangs Bester gilt zudem als vorzüglicher Versöhner, der Stuttgarts Querulanten von Partyszene bis Bahnhofsleugner befrieden und aufgrund seiner Kampfsportlererfahrung notfalls eigenmächtig zur Vernunft bringen kann.
Auch die Pandemie dürfte bald kein Thema mehr im Kessel sein, Noppers heiße Blicke bringen Viren zum Schmelzen. Doch das Daimlerdorf liegt ihm ohnehin schon zu Füßen, hat er mit seinem Wahlsieg doch endlich die Ökotyrannei der Grünen beendet. Als Unterstützer von Friedrich Merz verzichtete er selbst übrigens großzügig auf die Kanzlerkandidatur, gewonnen hätte er die bevorstehende Bundestagswahl aber wohl ebenso locker. In Anbetracht der Beliebtheit Noppers hatten sich seine politischen Gegner darauf verständigt, keinen ernsthaften Gegenkandidaten aufzustellen. Daher gab es bei dieser Oberbürgermeisterwahl im Grunde nur einen Verlierer: das nun nopperlose Städtchen Backnang.
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