Life & Style mit Antonia Stille
Style: Öko-Fashion
Irgendwann ist mal jemand morgens aufgewacht, wahrscheinlich in einem traurigen Vorort, Elmshorn oder Düsseldorf. Und dieser jemand hat sich dann gedacht: "Ich schnüre die zwei Roggenpfannkuchen von gestern Mittag zusammen, steck meine Füße rein und calle es fashion."
Ich will ja umweltbewusst leben, und es läuft auch nicht schlecht: Vegetarierin, fast plastikfrei unterwegs und Kundin der Deutschen Bahn (Stichwort Opferbereitschaft). Aber trotz stundenlanger Suche in den taubenverseuchten Tiefen deutscher Großstädte war es nicht möglich, umweltverträglich und nicht von Kindern produzierte Klamotten zu finden, ohne dass sie aussehen, als hätte Karl Lagerfeld der Welt auf dem Sterbebett nochmal einen unangenehm kratzenden Streich gespielt. Muss die Umweltbewegung sich kleiden wie Kevin aus "Kevin allein zu Haus"? Was ist das fucking Problem? Es kann doch nicht zu viel verlangt sein, ein einziges normales T-Shirt zu entwerfen, dessen Farbe nicht an eine Körperflüssigkeit erinnert. Wer sein Schaf mit Quinoa und Rosenkohl ernährt, sollte aus dessen Kot nicht auch noch Kleidung herstellen dürfen. Keine Angst, Ökos werden nicht plötzlich unglaubwürdig (oder gar sexy), wenn deren Kleider weniger an überreife Birnen erinnern, die auf Hüfthöhe einen unförmigen, saftigen Ballon bilden, der jeden Moment aufplatzen und eine für immer klebrige Pfütze hinterlassen könnte. Außerdem fährt der Porsche-Fahrer, auf dessen kümmerliche Gestalt man gelegentlich vom Familien-Tandem aus herabblickt, nicht mit vollrecycleten Inlinern zur Arbeit, nur weil eine Cartoon-Biene auf einem Hanfhängetop ihm "Bee a good person" zugesummt hat.
Wenn man seinen Freunden schon beim Döner-Essen zusehen muss, sollte man sich nicht auch noch durch das Tragen von Kartoffelsäcken bestrafen. Sadomasochismus hat außerhalb von Schlafzimmern und Seitenschiffen katholischer Kirchen nichts verloren. Öko muss endlich cool werden wie Kleidung von H&M oder Levi's. Stand jetzt scheinen Minderjährige aus Bangladesch die einzigen zu sein, die ordentliche Oberteile produzieren können. Faire, umweltverträgliche Klamotten, die aussehen, als wären sie Kinderarbeit – man wird doch wohl noch träumen dürfen.
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