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Leute ... von Paula Irmschler

Die Nichtbeziehung

Leute,

Heute möchte ich euch die Nichtbeziehung vorstellen, sie ist perfekt. Ich habe eine solche richtig gute Beziehung hinter mir. Sie war modern und fand endlich mal abseits der gesellschaftlich indoktrinierten, reaktionären Strukturen statt. Es war sehr befreiend, so zu leben und die Beziehung ist sicher nicht wirklich vorbei, weil auch Trennungen nur ein albernes Konstrukt sind, bei dem man so tut, als hätte man dem anderen nicht einmal besoffen das Arschloch geleckt und würde sich heute nicht mehr kennen. Ich würde das Ganze nicht mal "Beziehung" nennen, weil schon dieses Wort ein falsches Ideal ist, das mit vielen normativen, repressiven Zuschreibungen einhergeht. Wir waren einfach zwei Herzensmenschen – er zufällig männlich und ich zufällig weiblich –, die gern Zeit miteinander verbracht haben und zwar viele Stunden, Tag und Nacht. Er konnte sein, wie er sein wollte: besoffen; und ich, wie ich sein wollte: einsam. Die Probleme anderer Leute, die sich krampfig in dieses Pärchenkorsett zwangen, waren uns schleierhaft, bei uns lief es einfach, weil wir uns Freiheiten gaben, zum Beispiel Aggression und Depression. Klar waren wir auch mal eifersüchtig und stritten, machten uns Vorwürfe, weil er leider unzuverlässig war und den Abwasch öfter nicht machte, und wer war eigentlich die Schlampe, die nachts immer angerufen hat? Aber wenigstens waren wir ehrlich. Wir gehörten einander nicht, weil Liebe darf kein Tauschobjekt sein, sondern muss frei und offen bleiben. Wir konnten über alles reden, aber wir wollten auch nicht alles zerreden, Ambivalenzen muss man aushalten können im Kapitalismus.

Kennengelernt haben wir uns bei einem Plenum und wir waren schnell unzertrennlich. Uns verband der Hass gegenüber Althergebrachtem, unsere Lieblingsbeschäftigung war Netflix und Kochen, und wir wollten beide Kinder haben, aber ganz anders. Wir beschlossen irgendwann, dass es praktischer war, wenn er seine Wohnung aufgibt, und dann konnten wir wie in einer WG zusammenwohnen, das eine Zimmer sollte zum Schlafen und das andere zum Abhängen sein, ganz ungezwungen, ja, eben Herzensmenschen-Style. Für andere Menschen war dann leider doch keine Zeit mehr, nachdem ich schwanger wurde und wir die Hypothek auf das Haus abbezahlen mussten. Da war der Jahresurlaub dann ein großer Spaß und einige Orte besuchten wir ironisch, zum Beispiel Rügen. Auf dem Standesamt, wo wir nur aus pragmatischen Gründen geheiratet haben, gab es großen Terz, als wir klarzumachen versuchten, dass wir unsere Beziehung nicht klar definieren wollten. Wahnsinn, wie kleinkariert die Leute sind. Alles kann, nix muss, wann begreift ihr das, ihr Faschos? Unverbindlich trafen wir uns fortan jeden Sonntagmittag mit unseren Eltern. Das Geheimnis war, dass wir uns jeden Tag neu füreinander entschieden.

Na und, dann hat er mich halt irgendwann sitzen gelassen mit den drei Kindern und ist nach Spanien abgehauen wegen einer 21jährigen Soziologiestudentin, und ich bin voll am Arsch hier und kann die Rechnungen nicht mehr bezahlen. Aber er ist nun mal nicht mein Eigentum, hat sich selbst verwirklicht, alles ist im stetigen Wandel, und wir haben uns nie etwas versprochen. Heute hier, morgen dort. Alternatives Familienmodell eben. Ich sehe mich jetzt nicht unbedingt als Alleinerziehende oder Geschiedene, unsere Liebe ist ein Prozess, o fuck, ich bin meine eigene Mutter.

Kategorie: Meinung



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Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg