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Jens Spahn hat mit den Asis gesprochen, damit ihr es nicht müßt

Karlsruhe, ein normaler Nachmittag. Staubballen wehen über die Straße, die Junkies spritzen sich "H", die Kinder treten Steine, die Alten basteln sich Häuser aus Pfandflaschen, den Flüchtlingen geht es gut. Hier wohnt auch die Sandra S. Die einsam alleinerziehende Bürokauffrau weit jenseits der 30 (40) hat unlängst eine Petition aufgesetzt, Gesundheitsminister Jens Spahn möge doch auch mal einen Monat lang von Hartz IV leben, um sich ein Bild von deutscher Armut zu machen. Wie bitte, was will die Alte? Jens Spahn, beeindruckt von der Aufmüpfigkeit der frechen Göre, hat sich aufgemacht, "um da mal etwas zu klären" – ganz ohne Pipapo und mit nur einer Limousine, nur einer kleinen Entourage von Presseleuten und nur einem Kamerateam. 

"Ghettofauuuust", ruft Spahn und reckt die Faust, als ihm die Verwahrloste die Tür öffnet. Doch allzu verwahrlost ist sie gar nicht, sie hat Klamotten an, die kaum Löcher aufweisen, ihre Zähne sind noch gut in Schuß und sie trägt sogar gefärbtes Haar. Spahn ist wenig überrascht: "Na, das sieht ja gar nicht so schlimm aus, hab ich es mir doch gedacht. Haare kann ich mir schon mal nicht leisten!" Er lacht. Na, wenn das Geld für diese Dinge nicht auch mal gut in Spielzeug für das Kind hätte fließen können. Aber nun rein in die "gute" "Stube" und umgesehen. Schuhe ausziehen ist ja wohl überflüssig.

Spahn inspiziert die Wohnung der vermeintlich Abgehängten ganz genau und stellt fest, daß Steckdosen, Wasser und Internet  "ganz gut laufen", im Kühlschrank befindet sich außerdem Essen. Den mitgebrachten Obstkuchen wirft Spahn direkt in den Müll, offensichtlich ist ja genug da und man will die Frau schließlich nicht an Völlerei gewöhnen. "Sehen Sie, das ist dann eben auch ein Vorteil, den Sie Leuten wie mir gegenüber haben", erklärt er geduldig der Arbeitslosen. "Ich komme ja gar nicht zum Einkaufen, bei mir ist der Kühlschrank leer. Armut ist offensichtlich wirklich etwas sehr Relatives." Wieder lacht Spahn. 

Die Sozialschmarotzerin überreicht Spahn einen USB-Stick. Mit zittriger Stimme lamentiert sie: "Über 200 000 Leute haben die Petition unterschrieben. Sie wollen, daß Sie mal versuchen, einen Monat lang von Hartz IV zu leben, um zu sehen, was Armut hierzulande bedeutet." – "Ach, Armut, Schmarmut!" winkt Spahn ab. "Ihnen geht es doch gut. Wenn sie noch genug Kraft haben um im Internet rumzunerven, dann kann alles ja so schlimm ja nicht sein." In Ruhe erklärt er ihr, daß es wirklich Unfug wäre, wenn er sich jetzt auf dieses Experiment einließe, schließlich sei er eben einfach jemand, der mehr Geld verdiene, weil er nun mal, nun ja, besser sei als sie. Dann schickt Spahn uns Presseleute hinfort, weil er der Frau noch "etwas mit auf den Weg geben" möchte.

Und siehe da: die ach so arme "Sandra S." scheint ein Einsehen zu haben. Die Petition verschwindet und sie wird seit dem Treffen nicht mehr gesehen. Spahn verlässt das Haus allein. Ihm wird Desinfektionsmittel gereicht und er schüttelt die bettelnden Kinder auf der Straße ab, mit dem Hinweis darauf, daß es in der Wohnung um die Ecke noch Obstkuchen im Müll gäbe.

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick