Interview mit Großkritiker Joachim Kaiser zu dessen eigenem Tod
TITANIC: Herr Kaiser, wie haben Sie Ihren Hinschied erlebt?
Kaiser: Ich hätte einen sanfteren Übertritt ins Jenseits erwartet. Wie einen Wechsel vom Crescendo zum Adorno in einer Sonate von Beethoven. So fühlte ich mich eher an eine Theateraufführung von Beckett erinnert, bei der gegen Ende der Strom ausfällt. Schluß, aus, das war’s.
TITANIC: Wie denkt der Kritiker in Ihnen über Ihr Ableben?
Kaiser: Es ist ein enttäuschendes Finale geworden, ein Requiem ohne Samba bzw. Rambazamba gewissermaßen. Nach 88 Jahren hätte man schon etwas mehr Wums erwarten können, einen Kopfsprung vom Hochhaus oder einen Sexunfall z.B. So drängte sich der Eindruck auf, etwas ähnliches bereits tausendmal gesehen zu haben. Gleichwohl weiß ich, daß anderen das Sterben noch schwerer fällt als mir. Nehmen Sie Helmut Kohl, da bekommt man ja eine Thrombose allein vom Zuschauen!
TITANIC: Was macht den Tod für sie sterbenswert?
Kaiser: Schon zu Lebzeiten habe ich beim Hören mancher Stücke den Wunsch verspürt zu sterben. Bei einigen Symphonien von Mozart etwa oder zuletzt bei "How it is (wap bap...)" von Bibi – weil sie so schrecklich schön sind. Im Jenseits höre ich diese Musik jetzt pausenlos, und zwar gleichzeitig. Und bei allem empfinde ich ein großes Glück. Es sind die kleinen Dinge des Lebens, die mich nun nicht mehr nerven können.
TITANIC: Gibt es nach Ihrem Tod etwas, was Sie gerne bereinigen möchten, Stichwort "Nationalsozialismus"?
Kaiser: Ich war sicher kein überzeugter Nazi, aber ich habe auch nicht gegen sie opponiert. Wir waren recht naiv, kann man sagen. Die "Süddeutsche" hat gezahlt, mehr wollten wir nicht wissen.
TITANIC: Noch ein letztes Wort?
Kaiser: Bei Ihnen spukt’s wohl!
TITANIC: Wir danken für die feinstoffliche Konferenz, Herr Kaiser.
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