Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Gärtners Sonntagsfrühstück Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Und keine Fragen offen

Das klingt jetzt (gut) ausgedacht; aber mein erster, wirklich allererster Gedanke, als ich, nachdem die Eilmeldungsbanderole übern Fernsehschirm gezogen war, vorm Videotext saß und mehr über den fränkischen „Axtangriff“ (Zeit.de) erfahren wollte, war: Warum haben die den erschossen? Man muß mich da verstehen, dasselbe hatte ich nach Nizza auch schon gedacht, schließlich war da kein Amokschütze, sondern ein Amokfahrer unterwegs gewesen, und ich fürchte, ich Gutmensch denke das reflexhaft: warum da keiner auf die Reifen schießt.

Auch fürs exekutive Personal gilt die Unschuldsvermutung, und ich kann (und werde) nicht wissen, ob das, was da finaler Todesschuß heißt, gerechtfertigt war oder nicht; aber was ich weiß, ist, daß ich ausnahmsweise einmal mit Renate Künast einer Meinung bin: daß man das fragen muß und können soll.

Die Reaktion in Person einer Ursula Scheer fand das auf FAZ.net freilich nicht: „So twittert man für die AfD“, war die säuische Parole, denn Künast, die gefragt hatte, habe „den Rechten im Lande einen Dienst“ erwiesen; ganz so wie ich es tue, wenn ich dagegen bin, daß Schwarze Neger genannt werden, und ich dem Stammtisch (heute: „das Netz“) einen Vorwand liefere, sich über meine politische Korrektheit so aufzuregen wie über Künast: „Wieso machen Sie den Täter zum Opfer???“ (Die multiplen Fragezeichen, in der Netzkommunikation leider lauthals üblich, hatte Künast vorgegeben: „Wieso kann der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen!“)

„Wer, wie, was, / der, die, das, / wieso, weshalb, warum? / Wer nicht fragt, bleibt dumm!“ Volker Ludwig, 1973

Kein Mensch macht einen Täter zum Opfer, wenn er fragt, ob der Gebrauch der Schußwaffe gerechtfertigt war, zumal bei einem Siebzehnjährigen, der über eine solche Schußwaffe nicht verfügt hat. Sicher kann man finden, daß nach einer solchen Tat die Twitter-Apparate zu schweigen hätten, aber das tut FAZ.net ja genausowenig, und es ist nichts als Heuchelei, der allzu geneigten Leserschaft jeden Furz aus dem WWW hinterherzutragen („Darüber lacht das Netz“), um, wenn es einem (oder einer) paßt, „ein kurzes Innehalten“ anzumahnen. „Aber Renate Künast will ganz vorne mit dabei sein“, anders als Netzjournalismus nämlich, der mich alle fünf Minuten fragt, ob ich Seitenaktualisierung wünsche, „und die Debatte, die diese neue Bluttat auslösen könnte, gleich in die von ihr gewünschte Richtung lenken. Denn wer da zugestochen hat, war männlich, jung, Muslim und Flüchtling – die Tat ist gleichermaßen der wahrgewordene Albtraum all jener, die sich für eine Politik der offenen Grenzen aussprachen, wie jener, die dem ,Wir-schaffen-das’-Mantra der Kanzlerin mißtrauten. An die zwei Millionen Flüchtlinge sind 2015 nach Deutschland gekommen. Also tippt Renate Künast los“, kurz bevor Ursula Scheer und die Hirnis aus „dem Netz“ lostippen, die sich nur zu gern übers brutale Amerika ereifern, aber nichts dagegen haben, wenn ein jugendlicher Messerstecher von Profis scheint's nicht anders gestellt werden kann als durch einen Herz- oder Kopfschuß.

Daß Ambivalenzen in unseren bornierten Zeiten ohnehin mehr was fürs Feuilleton sind, geschenkt, und daß ein Täter, wie brutal er auch gewesen sei (und unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit), dasselbe Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit genießt wie Ursula Scheer und Renate Künast, mag nicht immer leicht auszuhalten sein. Aber daß sich die feine FAZ mit dem dümmsten aller Argumente einer ressentimentalen Rübe-ab!-Meinung anschließt, um nämlich die Debatte in eine ihr (und der verkorksten Kundschaft) genehme Richtung zu lenken, ist, mit Rudi Völlers alter Island-Rede zu klagen, ein neuerlicher „Tiefpunkt“ und Indikator dafür, daß die Leut’, egal worum es geht, sich keine Fragen mehr stellen wollen; daß sie weder wissen wollen, wer das siebentorige Theben baute, noch, was ihre wunderbar inspirierende Elternzeit in Kuala Lumpur mit vom Starkregen weggeschwemmten Dörfern zu tun hat.

„Der brandenburgische CDU-Abgeordnete Marius Amfalder schrieb sarkastisch: ,Daß das die erste Frage ist, die einem bei so einem Horror einfällt, da muß man erst mal drauf kommen.’“ (FAZ.net) So wie ich; aber vermutlich bin ich, soweit habe ich's gebracht, so indiskutabel wie Renate Künast.




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg