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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Spahns Optionen

Er könnte, hat Trump im Wahlkampf geprahlt, einen Menschen auf offener Straße niederschießen, und es würde ihn keine einzige Wahlstimme kosten. Daß wir mittlerweile so schön postfaktisch leben und die Wahrheit kaum interessiert, hat eben Vorteile: So habe ich, wie ich eben feststelle, im Juli bei einem sonntäglichen Frühstück behauptet, es gelte in Deutschland in Sachen Staatsbürgerschaft das sog. Optionsmodell, wonach sich z.B. ein junger Türke, eine junge Türkin bis zum 23. Lebensjahr entscheiden müssen, ob sie nun lieber einen türkischen oder einen deutschen Paß haben. Diese Information war falsch, nämlich veraltet, denn diese Regelung gilt seit 2014 nicht mehr: Wer als Kind nichtdeutscher Eltern hier geboren und sozialisiert ist, darf zwei Pässe haben. Zwar hat mich der Fehler keinen Leser und keine Leserin gekostet, aber trotzdem bitte ich, die Fehlinformation zu entschuldigen. Daß es dem Reinhard Müller von der FAZ, der im Sommer Anlaß für den Beitrag war, darum ging und geht, „die doppelte Staatsbürgerschaft für Nichtarier zu denunzieren“, bleibt davon unberührt.

Gottlob ist die Realität dabei, meinen Fehler einzuholen. Auf dem Parteitag der CDU hat eine Mehrheit dafür gestimmt, zum Optionsmodell zurückzukehren, und auch wenn die Bundeskanzlerin gleich abwiegelte, in dieser Legislatur werde das gewiß nichts mehr, und überhaupt sei der Beschluß Unsinn, ist das freilich ein Signal an die vielen identitär Gestörten, daß sich in Zukunft wieder CDU wählen läßt, wenn man was gegen Ausländer hat. Denn einen richtigen Grund gibt es für den Rückzieher nicht; es gibt nur den Afghanen, der in Freiburg eine Studentin vergewaltigt und ermordet hat, und es gibt eine Stimmung, und es gibt den Jens Spahn, 36, der noch was werden will und dessen Parteitagsrede dem Vernehmen nach die knappe Mehrheit für den Rücknahmebeschluß zustande gebracht hat. Was das Ende des regelmäßigen Doppelpasses mit Flüchtlingen, Migrationsproblemen und toten deutschen Studentinnen zu tun hat, darf dabei offen bleiben; Spahn wird es selbst nicht wissen. Es ist auch ganz egal.

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“ Kennedy, 1961

„Doppelt hält schlechter“, hatte der Youngster und Finanzstaatssekretär bereits im September in der Zeit ausgeführt. „Denn Staatsbürger eines Landes zu werden, das bedeutet eben mehr, als einen Paß zu bekommen oder ein paar Rechte. Staatsbürgerschaft ist die hoheitlich-formalste Form, die Zugehörigkeit zu einem Staatsvolk, zu einer Gesellschaft mit all ihren Prinzipien und Grundlagen, ihren Werten und ihrer Kultur auszudrücken. Dies gilt um so mehr, als die deutsche Staatsbürgerschaft eine der attraktivsten überhaupt ist: Denn Deutschland ist eines der beliebtesten Länder der Welt. Seinen Einwohnern ging es noch nie so gut wie heute. Die Wirtschaft brummt, die Deutschen leben immer länger und gesünder, die persönliche Zufriedenheit wächst, viele sind mobil und weltoffen wie nie zuvor. Und: Wer einen deutschen Paß hat, der kann weltweit in die größte Zahl von Ländern visafrei reisen.“

So wunderbar in Deutschland ist’s, daß man Ausländern nicht erlauben sollte, neben dem besten Paß der Welt noch einen sinn- und kulturlosen Schrottpaß zu halten, wobei das Qualitätsgefälle ein Doppelpaßverbot eigentlich überflüssig macht; wie überhaupt das Bestehen auf Loyalität aus dem Munde eines christdemokratischen Bundespolitikers seltsam klingt. Denn der ist bloß loyal dem Standort und dessen Brummen gegenüber, und da auch noch loyal gegenüber dem scheinselbständigen Paketfahrer, der Leiharbeiterin oder dem Armutsrentner zu sein (der, weil arm, elf Jahre kürzer lebt als Freund Spahn mit 11000 brutto), ist eine logische Unmöglichkeit. Gerade für Deutsche mit muslimischem Hintergrund gilt, wenn die Statistiken zu Bildung und Einkommen irgendwas besagen, daß die Loyalität, die sie gefälligst zeigen sollen, die ist, die die Herrschaft vom Personal verlangt, und zwar vom niederen. Spahn verschaffte „den Konservativen in der Partei eine gewisse Genugtuung“ (Focus online), denn die haben die Beschwerde aus Zeiten, als Deutschtürken noch ungewaschene Gastarbeiter waren, wie frisch im Ohr: Die wissen wohl nicht, wo sie hingehören!

Sie sollen’s wieder wissen.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg