Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Jaspers Schatten
Es ist, gerade für uns Terminarbeiter, schön, wenn man sich auf seine Leute verlassen kann: „Die Schattenseite der Migration“ nennt es der bewährte Jasper v. Altenbockum in seiner bewährten FAZ, wenn ein Sicherheitsdienst in einem Flüchtlingslager Videos dreht, auf denen Flüchtlingsköpfe unter Securitystiefeln zu landen kommen, und biegt, ein schöner deutscher Reflex, das Verhältnis von Täter und Opfer so zurecht, daß sich die kommentierende Kundschaft („Zu hohe Schwelle zur Abschiebung“) nicht Gedanken machen muß, die sie, bei Odin, niemals hätte. „Es wird den Wachleuten von Burbach nicht mehr helfen, daß sie auf Zustände in dem Flüchtlingslager hinweisen, die nicht in das populäre Bild der Not passen, die Asylbewerber zu ertragen haben“, und das formuliert unser Lauterster wirklich golden: Die Not, die Asylbewerber zu ertragen haben und von der es mit der Wasserleiche vor Lampedusa ein populäres Bild gibt, ist eine, die mit den Zuständen in deutschen Flüchtlingslagern nichts zu tun hat, jedenfalls nicht soweit es in deutscher Hand liegt: „In den Sammelunterkünften der Länder trifft nicht nur das Elend der Welt aufeinander. Es leben auch deren Konflikte fort und äußert sich die Qual, die eine Flucht mit sich bringt. In den Unterkünften sammelt sich deshalb auch die Tragik gescheiterter Existenzen. Dazu gehören Alkohol, Gewalt, Drogen, religiöser und ethnischer Haß.“ Zur Tragik der gescheiterten Existenz Altenbockums gehört, daß er, obwohl er’s besser weiß, das biographische Pech, vor Gewalt und religiösem, ethnischem Haß fliehen und in einer überbelegten Sammelunterkunft hocken zu müssen, als eines ausmalt, das sich („gescheiterte Existenz“) vor dem protestantisch-leistungsethisch konditionierten Leserauge als ein so verdientes abbilden muß wie noch jedes, das an der Trinkhalle unsere kostbaren Steuergelder vertrinkt. „Die Leute, die dagegen sind, Deutschland zum ,Weltsozialamt’ zu machen, schlachten diese Seite des Elends gern für ihre Zwecke aus. Man sollte ihnen nicht den Gefallen tun, die Schattenseite der Flüchtlingsströme gerade deshalb zu ignorieren.“ Eine dunkeldialektische Volte, vor deren Eleganz wir uns abermals verneigen: Gerade weil man den Rechten keine Gefallen tun will, muß man auf die selbstverschuldete Not gescheiterter Flüchtlingsexistenzen aufmerksam machen, denn gerade die sog. politische Korrektheit ist es ja, die den rechten Rand zwingt, ausländer- und flüchtlingsfeindlich Tacheles zu reden, und sei’s in der Frankfurter Allgemeinen.
„Aber der Leithammel, drum ist er’s ja, geht unbeirrt seines Weges, und die Herde, es ist ja ihr Wesen, folgt, von jedem Warnruf nur noch zusätzlich erschreckt, ängstlich dem Vortier ins Unglück.“ Koeppen, 1953
Es mag sogar stimmen, daß in Burbach (und anderswo) nicht einfach irgendwelche Nazis Neger gescheucht haben, und wer den Personalschlüssel in Einrichtungen kennt, die dem Land nur halb so egal sind wie irgendwelche Flüchtlingsheime, wird die Erzählungen des Burbacher Wachmanns P. (gegenüber Spiegel online) nicht rundheraus als Märchen abtun: „Aber auch zahlreiche Flüchtlinge seien … traumatisiert. Einer habe sich immer wieder mit einem Messer den Bauch zerfurcht. Manchmal seien Feuerlöscher durch Fenster geworfen worden, und alle paar Wochen habe es eine Massenkeilerei zwischen Dutzenden Bewohnern gegeben: ,Und wir standen zu viert dazwischen’, so P. … Wenn sie die Polizei gerufen hätten, hätten die Beamten sich zuweilen sehr viel Zeit gelassen. Regelmäßig sei das Wachpersonal von einigen Bewohnern attackiert und angespuckt worden, sagt P.: ,Ich hatte so oft die Hosen voll.’“
Das ist natürlich nicht das, was den Altenbockum empathisch werden läßt, die Sorgen des Personals sind der FAZ traditionell egal. Was interessiert, ist nicht zuerst, ob man die Betreuung von Flüchtlingen Schwarzen Sheriffs überlassen soll, sondern wie sich die sog. „Zustände“, in denen sich die Depravierten gegenseitig an die Gurgel gehen, noch zu deren Ungunsten (und nämlich wider das Weltsozialamt BRD) ausschlachten lassen: „Die politische Ignoranz gegenüber der Schattenseite von Flüchtlingen und Asylbewerbern ist allerdings nur eine Variante der Ignoranz gegenüber den Schattenseiten von Migration. Auch hierfür ist Nordrhein-Westfalen ein gutes Beispiel. Unter den Augen von ,Sozialarbeitern’ wuchsen hier in aller Ruhe Dschihadisten für den Kampf in Syrien heran.“
Dabei ist dies die eigentlich Schattenseite von Migration: daß wir uns immer diese Führerreden anhören müssen, die so tun, als gäbe es noch eine Sozialdemokratie.
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