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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Es ist vorbei

Kurz der Verdacht, ich sei aus unbekannten Gründen in einem Paralleluniversum gelandet, und zwar in einem, wo ich an zwei Tagen hintereinander auf der Leserbriefseite des Morgenblatts ausschließlich Richtiges zu lesen kriege; als Reaktion auf einen Bildungsartikel: „… daß es doch gerade die Mittelschicht ist, die Chancengleichheit gar nicht will. Und zwar seit Jahrzehnten nicht. Ihr liegt nichts am Aufstieg anderer. Ihr geht es einzig und allein darum, die eigenen Kinder in eine gute Position zum Wohlstand zu bringen. Und wer dem vermeintlich im Wege steht – seien es Arme, Ausländer, Behinderte – wird gnadenlos zur Seite geboxt. Dann wird er Bürger zum Tier. Und redet weiter über ,Chancengleichheit’. Aber er redet nicht. Er sülzt.“ Und zum kommenden, von der Bourgeoisie und den ihr angeschlossenen Mittelschichten verantworteten Weltuntergang: „In einem Zeitalter des Egoismus ist es nur folgerichtig, wenn einem die Belange der Nachwelt egal sind. Doch wenn Helikoptereltern … ihren Nachwuchs zu jeder der zahlreichen außerhäusigen Aktivitäten mit dem SUV fahren, in den Urlaub mit dem Flugzeug fliegen usw. usf., dann stellt sich schon die Frage, wie es sein kann, daß diese nicht unintelligenten Menschen völlig ausblenden, daß sie mit ihrem Verhalten den uns nachfolgenden Generationen aus purer Genußsucht und Bequemlichkeit die Lebensgrundlage entziehen.“

Wie das sein kann, könnte Leser Hermann Woelke, Dortmund, sicher beim FAZ-Wirtschaftsredakteur Holger Appel erfahren, der, weil Wirtschaft und Motor ja eins sind, für die Abteilung „Technik und Motor“ zuständig ist: „Weil die politische Korrektheit vor nichts und niemandem haltmacht, sei sogleich gesagt: Es gibt auch diesen Lexus mit Hybridantrieb, der stromert sich 359 PS zusammen und gibt wahrscheinlich noch laktosefreien Sake. Jetzt für alle Liebhaber des Automobils: Lexus offeriert diesen GT auch als LC 500 mit saugendem V8-Superbenziner, 5 Litern Hubraum, 477 PS und 540 Nm Drehmoment. Nur, falls jemand zweifelt, wovon hier die Schreibe ist, es handelt sich um einen Toyota, jener rollenden Umwelthilfeorganisation, der die Freude am Fahren eher fremd ist … Nun kommt sie mit dieser Granate daher, und wenn du gerade denkst, im Frankfurter Szeneviertel könntest du damit keinen Augenaufschlag gewinnen gegen die mattschwarzen M und AMG und RS, dann fährt die oberarmtätowierte Grazie in ihrem Smart neben dich, reckt den Daumen in die Höhe und sagt: Klasse. … Mit betörendem Klang kommt der ohne Turbo atmende Achtzylinder seiner Aufgabe nach. Der Vorwärtsdrang ist von entschlossener Naturgewalt … 13 Liter Verbrauch stehen im Testprotokoll … 99 200 Euro kostet dieses verführerische japanische Menü in der Basis, und jetzt zitieren wir den Kollegen von ,Auto-Bild’, weil das Fazit schöner nicht zu formulieren ist: Irgendwann, wenn Anton Hofreiter uns zum Liegeradfahren verpflichtet hat, werden wir solchen Autos hinterherheulen.“

„weil die wollen, daß wir werden sollen wie sie / bleibt nur: weiter, weiter, weiter“ Blumfeld, 1992

Und irgendwann, wenn wieder mal Leute vor ihren weggeschwemmten Häusern stehen oder dürrebedingt verhungernde Kinder in Nachrichtenkameras blicken, heulen dann wir, weil wir dem Appel keine schießen können, und zitieren den Kollegen Distelmeyer, weil das Fazit nicht schöner zu formulieren ist: „Ihr habt immer nur weggesehen / es wird immer so weitergehen / gebt endlich auf – es ist vorbei! / Ihr habt alles falsch gemacht / habt ihr nie drüber nachgedacht? / Gebt endlich auf – es ist vorbei!“ Und während man das als Konzertbesucher hört, zählt man zerstört die Leute, die handyfilmen oder ihr scheiß WhatsApp betrachten, weil halt auch die bildungsnahen Freunde des Diskursrocks alles falsch machen und über nichts mehr nachdenken und erst eine Zugabe fordern und während der Zugabe dann quasseln und nur deshalb keine Selfies schießen, weil sie das während des Auftaktstücks schon erledigt haben. Später an der Bushaltestelle hält dann ein Auto, der Beifahrer geht zum Geldautomaten, der Motor läuft, der Fahrer glotzt aufs Handy: es ist vorbei.

Möchte freilich sein, gegenwärtige Gesellschaft ist aufs Nachdenken insgesamt nicht recht eingerichtet. Weil halt auch nicht angewiesen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick