Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Gärtners Sonntagsfrühstück Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Die Freuden der Pflicht

Eigentlich mag ich Überraschungen nicht so sehr, was mit einer milden Form von Kontrollbedarf zusammenhängt. Lebenskunst gehört nicht zu meinen Talenten; ich möchte wissen, was passiert.

Es gibt freilich Ausnahmen; denn was den deutschen Leitartikel im Regelfall so trübe macht, ist seine Überraschungslosigkeit. Polen möchte (und sei’s aus öd innenpolitischen Gründen) Reparationen von Deutschland für die beispiellosen Schäden, die der Rechtsvorgänger der Bundesrepublik Deutschland im Zweiten Weltkrieg angerichtet hat; ein wissenschaftliches Gutachten des polnischen Parlaments sieht polnische Ansprüche noch offen, die deutsche Seite hält sie, was wunder, für erledigt. Was meint die freie Presse? Überraschung: „Zwei Antworten gibt es darauf: eine juristische und eine politisch-moralische. Die juristische ist einfach: Der Anspruch auf Reparationen ist erloschen. Denn zur Entschädigung für die Besatzung, Zerstörung und Plünderung des Nachbarlandes hat Deutschland seine Gebiete östlich der Flüsse Oder und Neiße an Polen übergeben müssen, wodurch Millionen Deutsche Heimat, Hab und Gut verloren. Zudem hat die polnische Regierung 1953 auf die Zahlung weiterer Reparationen verzichtet. Jetzt behauptet Warschau, dies sei unwirksam gewesen, weil Polen damals unter Kuratel der Sowjetunion gestanden habe. Folgt man dem, müßte man alle Verträge der früheren Warschauer-Pakt-Staaten für nichtig erklären. Davon kann im Völkerrecht keine Rede sein.“

In der neutralen „Neuen Zürcher“ steht dasselbe; na sagen wir, fast: „Außerdem schlugen die Siegermächte die deutschen Ostgebiete damals Polen zu – ein bedeutender Wert, wobei das Land allerdings sein eigenes östliches Staatsgebiet an die Sowjetunion abtreten mußte“, weswegen man die Sache „Westverschiebung“ nannte und der Zugewinn nicht so sagenhaft war, wie der reichsdeutsche Leitartikel das gern hätte; der sonst auch nicht müde wird zu wiederholen, daß die Polen (wie die Ostdeutschen) 40 Jahre lang unter der sowjetischen Fuchtel zu leiden hatten, aber wenn die Polen dann kommen und sagen: Wir konnten nicht frei entscheiden!, kann davon im Völkerrecht keine Rede sein.

„Seine Pflicht erkennen und tun, das ist die Hauptsache.“ Friedrich II. von Preußen, o.J.

Das Ende der Reparationen kam nicht etwa, weil alle Schäden bezahlt gewesen wären, es kam, weil der Kalte Krieg eine Schwächung der jeweiligen deutschen Satelliten nicht mehr erlaubte. Bis dahin hatte, nebenbei und wenn wir Wikipedia trauen wollen, die SBZ/DDR praktisch ganz allein für alles geradegestanden: „Als die Reparationen 1953 für beendet erklärt wurden, hatte die SBZ/DDR die höchsten im 20. Jahrhundert bekanntgewordenen Reparationsleistungen erbracht. Die Reparationen der DDR betrugen insgesamt 99,1 Mrd. DM (zu Preisen von 1953) – die der Bundesrepublik Deutschland demgegenüber 2,1 Mrd. DM (zu Preisen von 1953). Die DDR/SBZ trug damit 97–98 % der Reparationslast Gesamtdeutschlands – pro Person also das 130fache“, was die westdeutsche Selbstherrlichkeit in punkto Systemüberlegenheit vielleicht ein wenig trüben könnte. „Beim Londoner Schuldenabkommen wurde 1953 die Verrechnung aller bislang entnommenen Reparationen ausgeschlossen: Sie seien geringfügig angesichts der möglichen Reparationsforderungen, und die deutsche Seite sei gut beraten, die Frage der Reparationen ruhen zu lassen“ (ebd.).

Das denken wir uns, trotz der 100 Milliarden Mark, die aus Ostdeutschland an die Sowjetunion gingen, die sich im Potsdamer Abkommen verpflichtet hatte, die Reparationsansprüche Polens aus dieser Summe mitzudecken; und wenn aber jemand kommt, aus Polen oder Griechenland, und möchte sie nicht ruhen lassen, dann kommt, anders als üblich, erst die Moral und dann das Fressen: „Moralisch steht Deutschland … bei den Polen in der Schuld. Die Verbrechen der Nazis“, natürlich, „die Millionen Polen das Leben kosteten, haben das Land ausgeblutet und“, dies das eigentliche Unglück, „dazu geführt, daß es unter das Joch der Sowjetunion geriet. Daher steht Deutschland besonders in der Pflicht, sich für die Freiheit Polens einzusetzen.“ Usw.

Eine Pflicht, der wir uns um so lieber stellen, als sie so angenehm preisgünstig ist. Den Stefan Ulrich (SZ) bezahlen wir doch aus der Westentasche.




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg