Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Deutsche Fingerzeige
Man soll Jan Böhmermann ruhig noch einmal loben für seine Idee mit dem Stinkefinger, der, ob echt oder nicht, seinen Zweck so aufrecht erfüllt hat: nämlich nachzuweisen, daß auf dem Weg zur Volksgemeinschaft wieder ein Schritt weniger zu machen ist: „Es trifft aber wirklich einen Nerv. So sind wir Deutschen halt. In einem Jahrhundert zweimal Europa verwüstet, aber wenn man uns den Stinkefinger zeigt, dann flippen wir aus. Dann kennen wir keine sachliche Diskussion mehr! … Denn wir sind Deutsche. Liebe Redaktion von Günther Jauch: … Ihr habt das Video aus dem Zusammenhang gerissen und einen griechischen Politiker am Stinkefinger durchs Studio gezogen. Damit sich Muddi und Vaddi abends nach’m Tatort noch mal schön aufregen können. ,Der Ausländer, raus aus Europa mit dem! Er ist arm und nimmt uns Deutschen das Geld weg! Das gibt’s ja wohl gar nicht! Wir sind hier die Chefs!“ (Böhmermann) Oder jedenfalls die Freunde unserer Chefs, für deren Wohlergehen die griechischen Kredite bekanntlich coute que coute zurückzuzahlen sind, was unsere nationalliberalen Trommler dann so völkisch verbrämen, daß Muddi und Vaddi abends nach’m Tatort genau wissen, warum gemeinsame Wut ein gemeinsames Blut zum Kochen bringt. (Jauch zu Varoufakis: „Um so mehr sind die Deutschen zuweilen irritiert, in welcher Art gerade Sie auch gegenüber unserem Land aufgetreten sind.“ Dagegen Gerhard Polt gültig: „Wer ist wir? Ich sicher nicht!“)
„Im übrigen herrscht darüber, wie mir aus ungezählten Briefen aus der Heimat und Zustimmungskundgebungen von der Front mitgeteilt wird, im ganzen deutschen Volke überhaupt nur eine Meinung.“ Goebbels, 1943
Die Schicksalsfragen der Nation erkennt man daran, daß die Herrschaft sie falsch stellen läßt, damit das Schicksal, an der Laterne zu enden, einen griechischen Finanzminister treffe und nicht jene, die seinem Land, als es schon pleite war, noch deutsche Panzer verkauft haben, die mit Krediten deutscher Banken bezahlt wurden, Krediten, auf deren Rückzahlung wir Deutsche jetzt in einem Ton bestehen, wie ihn Propagandakompanien anschlagen: Eine „psychotische Persönlichkeit“ erkannte Fleischhauers Jan in Varoufakis, ja, psychotisch sei die ganze griechische Regierung, die, wir erinnern uns, laut FAZ-Mann Frankenberger bereits aus „Ganoven“ besteht. Auch weil sie, wie sein Kollege Müller mich umstandlos paraphrasierte, nicht einsehen will, daß wir Deutsche uns nicht fünfzig Jahre lang für Hitler geschämt haben, um jetzt noch Reparationen zu zahlen: „Die deutsche Innen-, Europa- und Außenpolitik ist nahezu ein einziges Bekenntnis zur deutschen Vergangenheit. Das reicht von der Einbindung Deutschlands in internationale Organisationen über Bildung und Bauten bis hin zu Milliardenzahlungen an NS-Opfer und auch an Staaten. Kaum eine öffentliche Handlung, kaum ein Staatsbesuch kommt ohne einen Hinweis auf den Nationalsozialismus aus. Auch im Ausland wird nicht nur die Einzigartigkeit deutscher Verbrechen, sondern auch der einzigartige Umgang mit der eigenen Vergangenheit gesehen. Wer das in Frage stellt und auch noch das Reparationsfaß wieder aufmacht, ist nicht von dieser Welt – und muß sich an seinen Amtseid erinnern lassen.“
Wer sich also volksfeindlich verhält, ist nicht von dieser Welt und gehört in einen Sack mit den Ganoven und Psychopathen jenseits der Grenzen. Daß für Adolf Hitler z.B. Churchill regelmäßig ein „Wahnsinniger“ und „Paralytiker“ war und der jüdische Marxismus „Banditentum“, daran will ich den Reinhard Müller, für den die Vergangenheit unserer Großväter und die Gegenwart seiner Hausbank ein guter Grund ist, den europäischen Hungerleidern herrenmenschlich in den Arsch zu treten, hier gern erinnern.
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