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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Der Feind in meinem Bett

Nehmen wir einmal an, der „Konkret“-Kollege Feuerherdt hätte unrecht und die Nichtregierungsorganisationen in Israel und Palästina seien nicht so sinister wie auf der „Konkret“-Homepage nachzulesen: „Ist es beispielsweise nur ein dummer Zufall, daß ein langjähriger Mitarbeiter der ,Ärzte ohne Grenzen’ wie Mazab Bashir im Mai 2007 verhaftet wurde, weil er unter anderem ein Attentat auf den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert geplant haben soll? (Ein Plan, der von seinem Vorgesetzten bei den ,Ärzten ohne Grenzen’ übrigens mit den Worten kommentiert wurde: ,Wir möchten klarstellen, daß wir unterscheiden zwischen seiner Arbeit und dem, was er in seiner Freizeit tut.’) Ist es lediglich eine Minderheitenmeinung, wenn, wie im November 2012 geschehen, eine Koalition von 22 NGOs – darunter so illustre wie Medico International, Pax Christi und die Diakonie – zu einem Boykott israelischer Waren aufruft? Wie kommt es, daß Human Rights Watch nicht einmal vor einer Sammlung von Spendengeldern in Saudi-Arabien zurückschreckt, wenn es um den Kampf gegen Israel geht? Und was soll man davon halten, daß ,Breaking the Silence’ der israelischen Armee vorwirft, palästinensische Zivilisten als ,menschliche Schutzschilde’ mißbraucht oder gar ohne Vorwarnung erschossen zu haben, als Zeugen jedoch nur israelische Soldaten aufbieten kann, die anonym bleiben und die Verbrechen, die sie beklagen, zudem nur vom Hörensagen kennen?“

Nehmen wir also an, daß es sich wenigstens bei „Breaking the Silence“ um eine legitime Anlaufstelle für israelische Soldaten handelt, die anonym von Gewalt gegen palästinensische Zivilbevölkerung berichten, eine – israelische – Anlaufstelle, die nicht sowohl antisemitisch als kritisch einer Armee gegenüber wäre, die sowenig eine sozialpädagogische Veranstaltung ist wie Armeen generell: Warum gehört dem verläßlichen Peter Münch von der ebenso verläßlichen „Süddeutschen Zeitung“ trotzdem an den israelkritischen Ohren gezogen, wenn er Netanjahus Weigerung, sich mit einem deutschen Außenminister zu treffen, zum Anlaß nimmt, jenen als „Wladimir Tayyip Netanjahu“ zu bezeichnen?

Die Ironie – oder der Weltgeist – will es, daß in Münchs Zeitung einen Tag später folgende Meldung zu lesen war: „46 Musiker, Schriftsteller und Politaktivisten haben die britische Band Radiohead in einem offenen Brief dazu aufgefordert, ein für den 19. Juli geplantes Konzert in Tel Aviv abzusagen. Zu den Unterzeichnern gehören Roger Waters, Desmond Tutu, Ken Loach und die Band Young Fathers. Sie alle fordern, Radiohead möge sich aus Protest gegen die israelische Siedlungspolitik, die in dem Brief mit der südafrikanischen Apartheidspolitik verglichen wird, einem Boykottaufruf verschiedener palästinensischer Organisationen anschließen.“

„Man spricht vom drohenden Rückfall in die Barbarei. Aber er droht nicht, Auschwitz war er; Barbarei besteht fort, solange die Bedingungen, die jenen Rückfall zeitigten, wesentlich fortdauern. Das ist das ganze Grauen. Der gesellschaftliche Druck lastet weiter, trotz aller Unsichtbarkeit der Not heute. Er treibt die Menschen zu dem Unsäglichen, das in Auschwitz nach weltgeschichtlichem Maß kulminierte.“ Adorno, 1966

Und das wäre ja nun doch ein Unterschied: daß die Angst vorm Feind in Rußland partiell und in der Türkei vollständig eine halluzinierte, stimulierte, zur autoritären, faschistischen Machtsicherung benutzte und in Szene gesetzte ist. Kein kurdischer Journalist will die Türkei zerstören, keine Moskauer Lesbe will das heilige Rußland zugrunde richten. Israel von der Landkarte tilgen will, bleiben wir bei der Annahme, „Breaking the Silence“ auch nicht; aber in einer Welt, die – Achtung, Unterschied! – im engen Wortsinn voller Feinde ist, ist es nicht sofort Hitler, es als Bedrohung zu empfinden, wenn sich ein Freund mit dem Freund eines Feindes trifft, auch wenn es der Freund des Feindes nur gut meint; und ein deutscher Außenminister, möglich wär’s, auch. (Und wo wir bei den Unterschieden sind, liebe Boykottanten und Boykott-Tanten: Kein südafrikanischer Schwarzer hat je mit Raketenwerfern operiert oder die Auslöschung aller Weißen gefordert, noch ein Agreement über Jahrzehnte hinweg kategorisch ausgeschlossen.)

Israel – und wer das unterschlägt, betreibt das Geschäft seiner Feinde – ist allein, sein Rechtsruck verdankt sich dieser Tatsache. Wenn die Israelis wollten, wählten sie Netanjahu einfach ab; daß sie es nicht wollen, hat Gründe, die weniger mit der Lust an der „kolonialen Unterdrückung der Palästinenser“ („Artists for Palestine UK“, die mal „Projektion“ googeln sollten) zu tun haben als mit der Angst vor deren Freundinnen und Freunden, die als Antisemiten zu bezeichnen ich hier abermals nicht anstehe und die meinerseits zu boykottieren mir selbst dann ein Vergnügen ist, wenn sie Ken Loach heißen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg