Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Bischof out of Controlling
Die Frage, was es eigentlich den Spiegel angeht, in welcher Flugzeugklasse ein katholischer Bischof fliegt, ist eine gute, denn weder ist der Spiegel ein katholisches Amtsblatt, noch im Gegenteil eines, das gegen ultramontane Tendenzen zu Felde zöge. Dem Spiegel, kann man sagen, ist der Katholizismus scheißegal, und wenn er einen Bischof trotzdem fragt, wieviel Geld sein Flugzeugsitz gekostet hat, dann nicht aus moralischen Gründen, sondern den bewährten des Remmidemmi.
Es ist nichts weiter als die übliche Empörungsmechanik, die aus einem übergeschnappten „Protz-Bischof“ (Bild) ein nationales Skandalon macht und überdies der Aufklärung, in deren Namen das natürlich alles aufgedeckt wird, einen Bärendienst erweist: Denn ohne das Geschrei um Luxuslichthöfe und Designerbadewannen hätte ein katholischer Verlautbarer im Frühstücksfernsehen nicht die Möglichkeit gehabt, die Cattolica als „Kirche der Armut“ o.ä. vorzustellen und jedenfalls eine, deren Vermögen sich nicht etwa im dreistelligen Milliardenbereich bewegt. Zehn Millionen Euro hat das Gästehaus in bester Lage Roms gekostet, das das Münchner Erzbistum unter seinem Erzbischof Marx im Frühjahr 2012 erworben hat, und ein Sprecher versicherte laut Münchner tz, „daß wegen des Kaufs nirgendwo anders gespart werden müsse. Außerdem gehe es hier nicht um besonderen Luxus – kirchliche Häuser in Rom seien eher spartanisch eingerichtet. Doch um allen Spekulationen über die Finanzierung Einhalt zu gebieten, stellt er klar: ,Es wurden keine Kirchensteuer-Mittel verwendet. Der Kauf wurde aus dem Vermögen der Erzdiözese bestritten.‘ Angesichts der aktuellen Finanzlage sei es sicher kein Nachteil, in Immobilien zu investieren.“ Wenn man nämlich ein Vermögen hat, das nicht der Inflation zum Opfer fallen soll und aus dem sich mal eben zehn Millionen für ein Gästehaus bestreiten lassen.
Dann ging Jesus in den Tempel, jagte alle Händler und Käufer hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um und rief: „Ihr wißt doch, was Gott in der Heiligen Schrift sagt: 'Mein Haus soll ein Ort des Gebets sein', ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!'“ Matthäus, ca. 80 u.Z.
Die Kirche, und daran wird auch der franziskanische Bettelmönch auf dem Papstthron nichts ändern, ist ein Weltanschauungskonzern, dessen mittlere und obere Führungsetage entsprechend lebt und repräsentiert, wie in der wunderbaren irisch-britischen Sitcom „Father Ted“ das karge Leben dreier Priester auf einer unwirtlichen irischen Felseninsel ganz selbstverständlich als Strafe gezeigt wird, die gegen die reguläre luxuriöse Behaglichkeit katholischer Führungskräfte ganz selbstverständlich absticht. Im Fall Tebartz-van Elst, sofern es überhaupt ein Fall ist, hat ein hoher Manager das Spesenkonto überzogen, und also beschwert sich der Kirchenredakteur der FAZ, gewissermaßen als Controller, über mangelnde Governance und schlechte bis fehlende Rechnungslegung. Was aber die katholische Kirche mit ihrem Geld macht, ist solange unerheblich, wie keiner die Anschlußfrage stellt, wo sie das ganze Geld eigentlich her hat; als wäre Geld ab einer gewissen Menge nicht naturnotwendig zusammengeraubt. Wer da mit Moral kommt, hat das nicht begriffen, und wer da in der Zeitung mit Moral kommt, will auch nicht, daß es begriffen wird.
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