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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: An der Hand

Es ist ja nicht so, daß, gäbe es die CSU nicht, man sie nicht sofort erfinden müßte; wie ihr pfundiger Generalsekretär Andreas („Dr. Scheuer“) Scheuer umweglos einem Polt-Sketch entsprungen zu sein scheint: „Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier als Wirtschaftsflüchtling. Den kriegen wir nie wieder los“, so Scheuer nicht daheim am Abendbrottisch, sondern vor der Presse (!), und es zeichnet die parteigebundene soziale Christlichkeit in diesem Land aber aus, daß sie sich sofort empört gezeigt und entschuldigt hat: „,Wir müssen Obacht geben, daß wir, wenn wir konservative Wähler wollen, nicht die kirchlichen Wähler verprellen’, sagte der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel der Augsburger Allgemeinen. Der langjährige Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Alois Glück warnte vor einem ,gefährlichen Entfremdungsprozess’ zwischen der CSU und sozial engagierten Bürgern“ (Faz.net, 20.9.). Selbst der Parteichef Seehofer kritisierte seinen Generalsekretär umgehend bzw. nahm ihn jedenfalls väterlich in Schutz: Er habe nämlich „keinesfalls Sportvereine oder Kirchen angreifen oder beleidigen wollen“. Denn auch Wählerinnen und Wähler aus den Sportvereinen sollen nicht verprellt und angegriffen werden. Ob die ministrierenden, fußballspielenden Senegalesen angegriffen und beleidigt werden, ist dagegen nicht ganz so wichtig, die fallen als Kundschaft nämlich aus.

„Jesu, geh voran /auf der Lebensbahn! / Und wir wollen nicht verweilen, / dir getreulich nachzueilen; / führ uns an der Hand / bis ins Vaterland.“ Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, o.J.

Wär’s nicht so schamlos (und halt auch im umfassenden Sinne verletzend; siehe Faz.net am selben Tag: „Unbekannte greifen jungen Syrer in Schwerin an“, weil man die ja sonst ebenfalls nie wieder los wird), es wär’ bloß so fad wie die Marktwirtschaft, die halt auch immer bloß schaut, wo was zu holen ist, und wenn wo Stimmen zu holen sind, dann muß die Demokratie, dann muß sogar die CSU genau hinsehen: Holt ein Scheuer mehr Stimmen am Stammtisch, als er im Kirchenvorstand verprellt? Und soll man sich als stolze Volkspartei beim ideellen Gesamtwirtschaftsflüchtling entschuldigen, nur weil ein Generalsekretär sich im Ton vergriffen hat? „Auch ich kann mich mit diesem Satz nicht anfreunden“, zitiert die SZ den CSU-Landtagsabgeordneten Imhof. „Achtsamkeit im sprachlichen Ausdruck ist was Wesentliches.“ Nicht daß man am Ende einfach sagt, was man meint.

Wäre mein Gedächtnis besser, ich wüßte noch, wer die Rede vom Wirtschaftsflüchtling angegriffen hat als eine, die unterstellt, die wirtschaftliche Situation eines Menschen habe nichts mit Politik zu tun; als sei Armut nicht sowieso immer Politik, von ihr geduldet, produziert, provoziert. Da leuchtet dann auch ein, wieso der „Wirtschaftsflüchtling“ so gern genommen wird, strahlt er doch gleichzeitig auf die autochthonen Armutsopfer zurück, deren (selbstverschuldete, allenfalls schicksalhafte) Powerteh die solvente Mehrheit genausowenig anzugehen braucht wie die Armut im und aus dem Senegal. Pack, hier wir da; wie ohne den autoritären Charakter, heiße er nun Scheuer oder Ottilie Normalverbraucherin, eine bürgerliche Demokratie nicht funktionieren kann.

Da lob ich mir die Kanzlerin, die, angesichts von 82 Prozent der Deutschen, die sich (über das verschärfte Asylrecht hinaus) eine Korrektur der Flüchtlingspolitik wünschen, „das absolut sichere Gefühl“ hat, „daß wir aus dieser zugegeben komplizierten Phase besser herausgehen werden, als wir in diese Phase hineingegangen sind“. Der Scheuer Andi ist halt schon mal vorausgegangen.




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Briefe an die Leser

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg