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Gärtners kritisches Finalsonntagsfrühstück: Einig Vaterland

Vom Hauptbahnhof nach Hause sind es mit dem Taxi zehn, mit der Bahn zwanzig Minuten, den Weg von der Haltestelle zur Haustür (fünf Minuten) noch nicht eingerechnet, und als ich am vergangenen Dienstag aus dem Urlaub kam und bei Einfahrt des Zuges das Spiel Brasilien–Deutschland bereits angepfiffen war, mußte ich wählen: 15 Minuten Spiel nicht verpassen oder 15 Euro Taxigeld sparen. Gegen Algerien war ich Taxi gefahren, um dann einen ereignislosen Grottenkick zu sehen, und nun stieg ich aus der Straßenbahn, und der Fahrer meldete, es stehe seit eben 2:0, und als ich daheim angelangt war, stand es 5:0, und wenn mich ein FAZ-Redakteur fragen wird, wo ich gewesen sei, als das 7:1 gegen Brasilien geschah, wird er zur Antwort erhalten: Im wesentlichen in der Straßenbahnlinie 2. Weil man es im Zweifel halt immer verkehrt macht.

Die israel- und insgesamt judenkritische Hamas hingegen, auch darin sind wir grundverschieden, kann es gar nicht verkehrt machen. Kaum ermordet sie drei israelische Jugendliche und belegt Tel Aviv mit Raketen, ist, weil Israel freilich zurückschießt, in der deutschen Zeitung wahlweise ein brennendes Gaza oder ein verängstigtes Palästinenserkind zu sehen, und ob die immer gleichen tendenziösen Bilder diese entsetzlichen deutschen Leserbriefe stimulieren oder umgekehrt, mag ein publizistisches Seminar beizeiten herausfinden: „Politikern aus dem Lager Netanjahus darf man zynisches Kalkül unterstellen … die maßlosen Reaktionen der israelischen Regierung … Besatzungsmacht … ohnmächtige Wut der Palästinenser … Israels fortgesetzte Mißachtung von Völker- und Menschenrecht … abscheulich … fanatische Siedler … Was sind die Werte der angeblich einzigen Demokratie im Nahen Osten?“ Jedenfalls andere als die von u.a. Günther Strödel (München), Wolfgang Behr (Herdwangen-Schönach) und Ethel Machnitzky-Baron (Röthenbach), denen die Konflikte der Welt immer dann nicht am Arsch vorbeigehen, wenn sich jüdische Nazimethoden begeifern lassen. „Nur Israel steht am Pranger“, erkennt dagegen Prof. Othmar Paar (Aachen), und das dürfte so ungefähr die Verteilung sein: Nur einer von vier aufrecht liberalen Deutschen ist kein Antisemit, pardon: Antizionist, Verzeihung: Kritiker Israels, der es sich verbittet, aufgrund seines verfassungsmäßigen Rechts auf Israelkritik in die rechte Ecke gestellt zu werden.

Wie es natürlich keinesfalls so ist, daß Israel auch deshalb nach rechts rückt, weil es sowieso von allen gehaßt wird, auch wenn seine Werte immerhin der Art sind, daß, nachdem ein nationalreligiöser Mob einen Palästinenserjungen bei lebendigem Leib verbrannt hatte, die Öffentlichkeit entsetzt war und die Regierung den Mördern „die volle Härte des Gesetzes“ in Aussicht stellte, während es im wertesatten Gazastreifen gar keine Öffentlichkeit gibt, der es erlaubt wäre, drei tote Talmudschüler als etwas anderes denn als Heldentat zu begreifen.

„Wo fing das an? / Was ist passiert? / Hast du denn niemals richtig rebelliert? / Kannst du nicht richtig laufen? / Oder was lief schief? / Und sitzt die Wunde tief in deinem Innern? / Kannst du dich nicht erinnern? / Bist du nicht immer noch Gott weiß wie privilegiert? / Was hat dich bloß so ruiniert?“ Die Sterne, 1996

Könnte übrigens sein, daß der Hase hier im Pfeffer liegt, denn auch im Streifen zwischen Rhein und Oder ist Öffentlichkeit, eine kritische zumal, kaum anderes mehr als eine Schauveranstaltung: In eben der Süddeutschen, in der sich die Philosemiten aller Bundesländer vereinigen, schreibt der Chefredakteur persönlich eine ganzseitige Schleimstrecke zu Merkels 60. Geburtstag, und wenn der gutfrisierte Hauptstadtjournalist Schumacher bei Illners Maybritt die Nationalmannschaft dafür loben darf, in ihrer „Mischung aus Souveränität und Bescheidenheit fast ein bißchen merkelig“ zu sein, dann erinnere ich mich an einen anderen Schumacher, der, obwohl nur einfacher Fußballtorwart, es noch abstoßend fand, daß Bundeskanzler zum Heldenhändeschütteln ins Stadion kamen, während es heute beklatschte Normalität ist, wenn Bundeskanzlerinnen in der Kabine Landesmutti spielen; und der, vor bald 30 Jahren, die gute zusammenfassende Frage stellte: „Darf man den Fußball umfunktionieren, um ,nationalen Konsens‘ zu demonstrieren?“

Ist lange her, und mittlerweile herrscht der nationale Konsens, s.o., ja eh; ob „wir“ (Gerd Gottlob, ARD, sic) nachher nun Weltmeister werden oder nicht.




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Briefe an die Leser

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg