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Fabian Lichters Economy Class

Zum Drüber-Reden

Beim Wort Debatte muss ich schon unweigerlich an die Schülermitverantwortung denken, an den Stuhlkreis, den genügsam nickenden Lehrer, der, zumindest in meiner Erinnerung, eine frappierende Ähnlichkeit mit Markus Lanz aufweist. Für Debatten bin ich versaut. Für das Trendthema Klassismus somit auch. Und wem es ähnlich geht, der schaut nun in die Röhre, bzw. lieber nicht in die Gesellschaftsteile und Verlagsvorschauen. Immerhin: Feuilleton und Verleger frohlocken, haben sie doch ihr neues Sujet gefunden und das dürfte auch schon in etwa der gesellschaftliche Raum sein, in dem der neue Hype um die Klasse seine Wellen schlagen wird. 

Davon kann man mindestens Koliken bekommen. Man kann schließlich guten Gewissens sagen, dass Debatten dem emanzipatorischen Bestreben gezielt entgegenwirken. Abgesehen davon, dass im paternalistisch professionellen Reden über die »Schwachen« sich bereits ein Gegensatz wiederholt und man dieses Moment durchaus unangenehm finden kann. Ein Glück, dass die Betroffenen, um jenen scheußlichen Begriff hier auch einmal pflichtbewusst untergebracht zu haben, aller Regel nach, und das weiß man natürlich, nicht zuhören oder gar mitlesen. Einmal im Vorteil.

Es ist auch gar kein Geheimnis, dass das Reden über Klassismus für jene Betroffenen keine Besserung ihrer Lebensumstände bringen wird, maximal dem darin aktiven Menschen, der seinem Heizungsableser nun eine Ecke bewusster die Tür aufhält oder meinetwegen auch schon weiß, dass das nicht reicht. In der Debatte wird schon was abfallen und seien es Likes. Das ist Start- und auch Endpunkt der Debatte, sowie Start- und Endpunkt überhaupt in jeder Debatte ein und dasselbe sind. 

Wenn, das hat das Reden über das Klima gezeigt, Debatten etwas leisten, dann, dass das Alltagsgeschäft im Maschinenraum weiterlaufen kann, da die Welt sich genügsam an der Frage zerfleischt, wie es an Deck auszusehen habe. Und dass jede Dialektik zu einer Auswahl verkommt, man bleibt halt in der Warengesellschaft. Und so »debattiert« man darüber, ob die nächsten 60 Millionen produzierter Autos pro Jahr mit Lithium-Ionen-Akku oder mit Verbrennungsmotor fahren, aber eben nicht darüber, wie man es verhindert, dass jährlich 60 Millionen Autos die Werke verlassen. Wer davon profitiert, nennt es »einen Wettlauf um die Wettbewerbsfähigkeit auf klimaneutrale Produkte« (A. Baerbock).

Dass eine Rettung des Klimas sowie der freie Arbeiter mit dieser Wirtschaftsform nicht zu haben sind, das war von Anfang an klar. Man hat darüber diskutiert und damit die Kritik integriert, sie hat sich so praktischerweise selbst erledigt. Mag – zurück zur Klasse – bisweilen auch durchaus Treffendes geäußert werden (siehe Start- und Endpunkt). So erinnerte Arno Frank unlängst im Deutschlandfunk daran, dass man eben nicht über Klasse reden könne, ohne den mitschwingenden Klassengegensatz zu thematisieren. Was zeigt: Man kann ihn neuerdings sogar thematisieren, ohne dass jemand deshalb noch um seine Besitztümer fürchten müsste. Ein gekippter Mietendeckel ist da nur ein klares Signal nach oben (und nach unten).

Bleibt die Aufhebung der Gegensätze das Ziel und man mag überrascht sein, auch dazu gibt es bereits ein, zwei kluge Gedanken in der Welt. Man muss nicht stets bei Null anfangen, mag man naiverweise denken, aber genau darum geht es in einer Gesellschaft, in der nur vordergründig etwas vorangehen darf: Erkenntnisgewinn soll verhindert werden, Argumente eingeebnet, dadurch, dass sie sich an der Realität einer eingefahrenen Welt selbst blamieren.

Am Ende bleibt jeder seines Glückes Schmied und auch eine weitere Bildungsdebatte, im Anschluss an die Klassismusdebatte, wird daran nichts ändern. Es ist auch nicht die Frage, so Filmemacherin Julia Friedrichs, ebenfalls im Deutschlandfunk, wie noch jede Krankenschwester sich ins Management fortbildet. Man braucht sie ja, ganz gleich, in welcher Gesellschaft man lebt. Es kann nur darum gehen, sie gerecht zu entlohnen. Alles andere ist Käse für den Kulturteil.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg