TITANIC Gold-Artikel

Die überbezahlte Servierkraft – Alles über die unbekannte Ministerin Anja "Wer?" Karliczek

Man hätte die Überraschung erwarten können. Doch als Angela Merkel am 14. März 2018 bei der Vorstellung ihres neuen Kabinetts Anja Karliczek als Bundesministerin für Bildung und Wissenschaft aus dem Ärmel zog, blickten selbst die Hochkaräter der Weltpresse mit leeren Augen ratlos umher. Dabei hatte die Kanzlerin es gemacht wie immer, hatte sie doch einst Ursula von der Leyen, die noch nie einen Menschen zerstückelt hatte, zur Verteidigungsministerin erhoben und Kristina Köhler, die damals noch kein einziges Kind geworfen hatte, zur Kaninchenministerin, recte: Familienministerin. Nota besonders bene: Sie selbst hatte den Kanzlerberuf nie erlernt, musste 2005 einfach ins nasse Wasser springen. ___STEADY_PAYWALL___

Zugegeben: Als Merkel sie vorab zum Vieraugengespräch bat, hatte Anja Karliczek keinen blassen Schimmer, worum es ging, und hat ihn bis heute nicht. Behaupten bös verzogene Mäuler! Die auch behaupten, Karliczek hätte genauso Justizministerin werden können, weil sie keine Juristin ist, oder wenigstens Landwirtschaftsministerin, weil sie isst und trinkt, sogar täglich.

Doch Anja Karliczek verweist ruhigen Herzens darauf, dass sie als Mutter dreier Kinder die neuere deutsche Bildungslandschaft bestens ausgekostet hat und die Aufzucht ihres Nachwuchses sowieso auf modern getackerter erziehungswissenschaftlicher Grundlage erfolgte, sogar täglich. Sowieso hat sie im Anschluss an ihr Abitur – selbstverständlich am nach dem anderen Universalgenie Goethe benannten einzigen Gymnasium in Ibbenbüren (nahe Brochterbeck, bei Dickenberg) – eine Wissenschaft nach der anderen sich einverleibt: 

  • die Finanzwissenschaft als an der Deutschen Bank ausgeformte Bankkauffrau, 
  • die Betriebswissenschaft durch einen hinreichend betriebenen Abschluss an der Fern-Uni Hagen, 
  • die Wirtschaftswissenschaft als das Familieneinkommen hütende Ehefrau sowie
  • die Religionswissenschaft als leuchtendes Mitglied der katholischen Brochterbecker Pfarrgemeinde, dem unvermischten und ungetrennten Gott zum Beweis; 
  • und als in der familieneigenen Vier-Sterne-Herberge "Teutoburger Wald" mit allen Schikanen ausgebildete Hotelfachfrau versteht sie sich auch auf Zimmerreservierung und -reinigung (Raumwissenschaft, Urbanistik), Smalltalk (Kommunikationwissenschaft) und den weitgespannten Rest, denn während ihrer mehrjährigen Leitung befanden sich unter den Gästen auch Gelehrte und sogar Promovierte.

Als Politikerin und damit Politikwissenschaftlerin reicht Anja Karliczeks fachliches Spektrum ohnehin von vorn bis hinten. Nachdem sie aufgrund objektiver Auslotung aller dafür sprechenden Argumente der CDU beigetreten war, studierte sie zunächst im Rat der Stadt Tecklenburg, erlangte den Grad einer Vorsitzenden des Ausschusses für Familie, Senioren und Soziales und wurde honoris causa auch Stadtverbandsvorsitzende der CDU.

2013 immatrikulierte sie sich für die Bundespolitik und zog prompt in den Bundestag ein, was einer Habilitation entspricht. Im Wahlkampf hatte sie ihren Schwerpunkt auf wasserfest evaluierte Wirtschafts-, Mittelstands- und Familienpolitik gelegt, womit sie beste Voraussetzungen für eine wasserfest evaluierte Familien-, Mittelstands- und Wirtschaftspolitik schuf. So konnte sie sich im Finanzausschuss für eine kapitalgedeckte, also die Arbeitgeber bis weit unter die Hutschnur entlastende private Altersvorsorge einsetzen, nachdem sie schon in ihrer herausgeputzten Diplomarbeit bewiesen hatte, dass Unternehmen ihre Pensionsverpflichtungen am besten den Pensionären selbst in die Schuhe schieben.

An der staatlichen Fern-Uni Hagen ist solche Wissenschaft legal, genau wie Anja Karliczek als Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Staate Deutschland. Anfang 2019 allerdings hielt man sie bereits für tot oder wenigstens verschollen, weil seit ihrem Amtsantritt nichts von ihr zu sehen und zu hören war. Tatsächlich hatte sie fast ein Jahr lang nicht mehr zu tun gehabt, als bei den Kabinettssitzungen den Tisch zu decken und Kaffee zu kochen, für ausreichend Mineralwasser zu sorgen und Salzstangen bereitzustellen – Angela Merkel wusste, was sie an der Gastronomin hatte. Dann jedoch begann der Bundesrechnungshof ob der überbezahlten Servierkraft zu murren und zu maunzen.

Anja Karliczek pickte sich schnell ein paar Themen zusammen, die zu ihrer Persönlichkeit wie angewachsen passten. Also serviert sie der Computerbranche den Digitalpakt, damit sie die milliardenschweren Schulen auf Staatskosten übernehmen kann, und schenkt der Mittelschicht mehr Bafög ein, damit deren gut gepflegten Kinder noch mehr studieren können – die Unterschicht hat ja genug. Studieren sollen sie aber nicht die blumigen Geistes- und Kulturwissenschaften, sondern ernsthafte Fächer. Besonders die Erschaffung Künstlicher Intelligenz wird ab sofort mit Zähnen und Klauen gefördert. Sie, daran besteht kein Bit Zweifel, ist die schöne neue Zukunft, aber schon heute könnten Roboter Anja Karliczek im Kabinett mehr als ersetzen, sogar täglich.

Peter Köhler

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick