Der letzte Dampfer – Nachruf auf Guido Westerwelle
Zuletzt waren seine Kritiker verstummt. Sie, die über Jahre hinweg keine Gelegenheit versäumten, die schrillen Auftritte der politischen Sonderbegabung Guido Westerwelle mit Häme zu überziehen. Die ihn wie keinen zweiten Hitzkopf auf dem Kieker hatten. Ihn, den Herzliberalen und FDPler aus Überzeugung, der jahrelang das von hartem Gegenwind und Problemhaut in Form geschnitzte Gesicht seiner Partei war. Was seinen Feinden auf die lauteste Weise nicht gelang, erledigte nun still und leise der Krebs. Und plötzlich wollen seine ehemaligen Gegner nichts mehr von ihren Attacken auf die parlamentarische Krawallmaschine Westerwelle wissen. Vergießen Tränen um den einst wegen seiner öffentlichen Präsenz so verspotteten und wegen seiner Ansichten so gehaßten Extrempolitiker. Nun hat er sie alle Lügen gestraft. Hat ihnen gezeigt, daß er die Aufmerksamkeit der Medien nicht braucht, um dem gesellschaftlichen Treiben aus der Ferne zuzusehen. Er, der mit seinen Kampagnen oft auch die Grenze des Peinlichen überschritt. Der auch nerven konnte. Hart. Der sich durch seine schwere Krankheit im Bewußtsein der Öffentlichkeit von einem keifenden Reptil zu einem richtigen Menschen wandelte. Einem, der sogar die Reste der Butter- und Marmeladenportiönchen seines Klinikfrühstücks an die Tafel spenden würde, ohne gleich eine Quittung für die Steuer zu fordern. Vergessen sind nun seine strammen Sprüche – von der "spätrömischen Demenz" über die Ansage "Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der das Dampfen regelt, und das bin ich" bis zum legendären Slogan: "Welli wählen!" Ob Big-Brother-Container oder Außenministerium, seine Fehltritte sind verziehen, seine Schwächen werden in mildem Licht gesehen. Vielmehr dürfen nun seine Stärken gerühmt werden. Jetzt, da er dessen nicht mehr gewahr werden kann. Z.B. sein geschicktes Vexierspiel mit den Medien. Oder wie er praktisch im Alleingang die FDP zugrunde gerichtet hat. Oder daß er hinsichtlich neuer Generationen von Politikern beinahe vernünftig wirkte. Doch so sehr seine Kritiker sich nun auch in ihren Respektbekundungen überbieten, den Didi Hallervorden der Politik bringt ihnen niemand mehr zurück. Darauf eine Flasche Pommes!
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