Inhalt der Printausgabe

Der Weg des Seemurai

Konnichiwal, Leser-sama!

Es freut uns sehr, dass Sie sich für die ­kaiserliche Tradition des Walfangs interessieren. Seit China Atomwaffen besitzt, ist der Wal unser einziger ehrenvoller Gegner. Sein Tran schmiert unsere Wirtschaft und sein Blut färbt unsere Flagge. Darum treten wir zum 1. Juli aus der Internationalen Walfangkommission (IWC) aus und jagen »Free-Willy-san« wieder kommerziell. Doch wir wollen die Geheimnisse des Walfangs mit unseren Achsen-Freunden im Land der untergehenden Sonne (Deutschland) teilen. So fangen Sie den Wal!

鯨一

Erwerben Sie zunächst eine handgeschliffene Harpune am ­Harpunenautomaten und ein Schiff. Achten Sie bitte darauf, dass das Schiff robust genug ist, den Angriffen der großen Alten aus den Tiefen standzuhalten, und dass es schwimmt.

鯨二 

Machen Sie es wie ein Meister und bringen Sie Ihr Schiff in einem »großen Teich« (Meer) zu Wasser. Falls Sie Probleme haben, ein walhaltiges Gewässer zu finden, schlagen Sie die Schutzzonen der IWC nach.

鯨三

Suchen Sie nicht – der Wal findet Sie, hihihi. Ankern Sie dafür an einer tiefen Stelle im Meer und harren Sie mit Geduld aus. Falls Sie nach Zen Minuten Meditation keinen Wal sichten, folgen Sie einfach einem Boot von Sea Shepherd.

鯨四

Hachiman sei Dank: ein Wal! Treten Sie alle Räucherstäbchen an Deck aus und schiffen Sie an die Beute heran. Halten Sie den Atem zumindest so lange an, wie es der Wal vermag.

鯨五

Ziehen Sie nun Ihre Harpune aus dem Dutt. Für das Werfen der Harpune müssen Sie eins mit der Harpune werden und sie dann doch loslassen. Wenn das Meer die Farbe von Kirschblüten annimmt, haben Sie getroffen.

鯨六

Falls der Wal ein Tier der Ehre ist, wird er nun Seppuku begehen. Die meisten Wale sind allerdings ehrenlose Meeresfrüchte und werden sich wehren. Der Endkampf kann viele Monde dauern, denn er wird immer wieder unterbrochen durch inneren Monolog und Rückblenden zu wichtigen Ereignissen der Kindheit des Wales.

鯨七

Sobald sich abzeichnet, dass Sie den Kampf gewinnen, müssen Sie dem Wal den rituellen Todesstoß versetzen, indem Sie ihm mit Ihrem Katana ehrhaft den Kopf vom Hals schlagen.

鯨八

Der tote Wal wird noch einmal versuchen, zu fliehen – durch schnelles Sinken. Bringen Sie den Kadaver mit einem Judowurf an Deck. Nun transportieren Sie den Wal so schnell wie möglich an die nächste japanische Küste.

鯨九

Wir gratulieren zu Ihrem ersten Wal! Die Zubereitung obliegt nun Ihrer Frau. Wir empfehlen, sie anzuweisen, den Wal mit sehr scharfen Küchenmessern aufzuschneiden und – ahhhh! Ihre Frau ist auf einmal ein Tintenfischmonster! Ihhhh! Hihihihihihi! Willkommen in unserer abgefahrenen Gameshow! Arigatoooo!

 

Aus dem Japanischen von Laura Brinkmann und Helge Zellermann, Leonard Riegel

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick