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Dax Werners Debattenrückspiegel: KW 46


Liebe Leser_innen,

herzlich willkommen in meiner neuen Kolumne "Dax Werners Debattenrückspiegel"! An dieser Stelle fahre ich ab heute regelmäßig Patrouille durch die abgelaufene KW und kehre die Debatten und Ereignisse für Sie und euch (jedoch in allererster Linie: für mich) mundgerecht zusammen, immer mit der Maxime: Wissen, was wichtig ist. Ein bisschen wie der Besenwagen des Diskurses. Also, MNS über die Nase ziehen, die Huaweis auf Flugmodus und die Kupplung ganz langsam kommen lassen!

Die Woche startete hoffnungsvoll: In einer Mainzer Arzneischmide hat man wohl erfreuliche Ergebnisse in der Impfstoff-Entwicklung gemacht. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet war so hyped, dass er den Karnevalsbeginn für den 11. November kurzerhand doch noch freigeben wollte, wurde jedoch von in seinem inner circle – den kultigen Jungs von Storymachine und dem Virologenmann Hendrik Streeck aus Bonn – auf den letzten Metern ausgebremst. Laschet lenkte staatsmännisch ein, kündigte aber schon an, im nächsten Februar persönlich den Nubbel verbrennen zu wollen, "Chinaseuche hin oder her".

Der Impfhammer aus Mainz sorgte aber auch noch an ganz anderer Stelle für Meinungsstau auf der Diskursauffahrt. Wenn die Corona-Pandemie Politik und Öffentlichkeit schon in Schwierigkeiten bringt, so stellt spätestens die Entdeckung eines Impfstoffs durch das Mainzer Mediziner-Ehepaar Uğur Şahin und Özlem Türeci Medien und Politik offenbar vor unlösbare Probleme. Der "Kölner Stadtanzeiger" beispielsweise brachte es zum Beispiel fertig, den Namen von Uğur Şahin falsch und den seiner Frau gar nicht erst auszuschreiben, auch für die "Bild" konnte es natürlich nur einen "Vater des deutschen Impfstoffwunders" geben. Während die üblichen Verdächtigen also im Jahr der ausgefallenen Männer-Europameisterschaft schon wieder Deutschlandflaggen auf ihre Rückspiegel montierten, lobten von Jan Fleischhauer bis ins linke Lager hinein viele Biontech als "erfolgreiche Integrationsgeschichte", mit der man der AfD eins auswischen könnte, ganz so, als sei Integration erst dann erfolgreich, wenn die zu Integrierenden etwas in der Größenordnung von "Entwicklung eines Impfstoffs zur Bekämpfung einer weltweiten Pandemie" geleistet hätten. Neoliberaler geht’s ja kaum. Aber kruder schon: Die CDU etwa behauptete auf Twitter, dass der Durchbruch nicht nur für ein "offenes & modernes Deutschland", sondern auch für die "transatlantischen Beziehungen" stünde. Woran man eben so als erstes denkt, während man im Labor an einem Medikament forscht. Angesichts so viel Unsinns hält man es am besten mit Oğuz Yılmaz, der auf Twitter schrieb: "Ist halt ein deutsches Unternehmen aus Mainz und die haben das entwickelt, fertig."

Dienstag sorgte dann ein Interview mit Till Lindemann und Joey Kelly im "Playboy" für mächtig Aufregung. Es war bis dahin vollkommen an mir vorbeigegangen, dass sich zwischen dem Rammstein-Sänger und Joey Kelly, der mir eigentlich nur noch durch den RTL-Spendenmarathon mit Wolfram Kons ein Begriff war, eine tiefe, ehrliche Männerfreundschaft entwickelt hatte. Beide fielen im Interview dann unangenehm auf mit markigen Macho-Sprüchen aus der Mottenkiste der achtziger Jahre, doch während man bei Lindemann eigentlich jederzeit mit allem rechnen muss, überrascht das Personality-Redesign von Joey Kelly dann doch und erinnert mich an den Weg vieler Sporthelden aus meiner Schulzeit, die bis zur Oberstufe nur für den Vereinssport leben und nach den Sommerferien plötzlich nur noch mit zweimal sitzengebliebenen Peter aus der Parallelklasse Zigarettenautomaten aufbrechen. Versau dir nicht die Zukunft, Joey!

Einer mit mächtig viel Zukunft im Gepäck ist dagegen Jürgen Todenhöfer (80). Der stellte am Donnerstag seine neue Power-Partei "Team Todenhöfer" vor 300 interessierten ZuschauerInnen am Pariser Platz in Berlin vor und versprach ihnen eine "humanistische Revolution" (Anmerkung des Verfassers: Er hat wohl noch mehr erzählt, ich bin jedoch mehrmals beim Youtube-Video seines Auftritts eingeschlafen.) Was bedeutet das nun für die Bundestagswahl im kommenden Jahr? Klar ist: Das erklärte Ziel der Union, keine Parten rechts von ihr zuzulassen, ist gescheitert. Denn mit Team Todenhöfer, der AfD und den Grünen aus Baden-Württemberg zähle ich nun mehr drei Erfolgsparteien rechts von CDU/CSU. Eine Entwicklung, die zum fahrigen Gesamteindruck der späten Merkel-Ära passt: Wieso hat die Kanzlerin es abermals verschlafen, ein politisches Ausnahmetalent wie Todenhöfer für die Zeit nach ihr aufzubauen? Stattdessen schlägt sie sich nun mit Allerweltspolitikern wie Laschet, Röttgen und Merz herum. Apropos Merz: Man darf auf das Statement des Sauerländers gespannt sein, wenn der Impfhammer aus Mainz ihn dann mit der üblichen dreiwöchigen Verspätung erreicht.

Bis dahin gilt für mich und euch: Schulterblick im Konsenskreisverkehr!

Euer Dax Werner




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt