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Das Corona-Orakel

Drei Dinge, die es nach Corona in Deutschland nicht mehr geben wird:

1.FDP 

So azurblau, sauber und leer wie der Canal Grande in Venedig zu Pandemie-Zeiten waren vor Corona nur Christian Lindners Augen. Nach der Krise wird dieser mit seiner Partei im nun verstärkt globalisierungskritischen Land keinen neoliberalen Fuß mehr auf den mit Breitbandkabeln durchsetzten Boden kriegen. Das Thema digitale Infrastruktur, ein früheres Steckenpferd der Freien Demokraten, verhält sich durch die Krise zur FDP wie der Klimawandel zu den Grünen: Ganz plötzlich wollen es alle, sogar die CDU, und das Thema taugt nicht länger für parteipolitische Profilierung. Den letzten Rest zum Verschwinden der FDP aus dem politischen Spektrum trägt der öffentliche Sektor bei, der, nicht zuletzt durch das eifrige Schnüren von Hilfspaketen, auch dem gegeltesten BWLer vor Augen geführt hat: Der Markt regelt gerade überhaupt nicht. Wenn wir die Krankenhäuser so privatisiert hätten, wie Christian es immer gewollt hat, hätten wir das Ganze vermutlich nicht überstanden. 

2. Klassische Lesungen 

Mundgeruch in der Luft, überschlagene Beine in Cordhosen, artifizielle, den Geniegedanken starkmachende Bühnensituation, signierte Buchseiten: Während Corona hat das Veranstaltungsformat „Lesung“ vollständig ihr nach Dicher-und-Denkertum müffelndes, anachronistisches Dasein offenbart. Kein Grund zur Sorge für Literaturhäuser und Verlage. Denn was die Krise gezeigt hat, deutete sich seit längerem an: Wer ein Buch veröffentlichen möchte, muss schlicht ca. 10 000 Instagram-Follower vorweisen und vor der Frontkamera performen können. Der/die Autor*in ist im Stream so lebendig wie nie, die Texte bleiben zweitrangig und alle Beteiligten werden in Zukunft statt schlecht, einfach gar nicht mehr bezahlt. 

3. Facebook

Da es über Monate keine Veranstaltungen gab, ist dem unintuitiven Netzwerk für Boomer und rechte Gruppierungen auch die letzte Daseinsberechtigung abhandengekommen. Mark Zuckerberg, der sich während der Krise endlich als Alien geoutet und mit seiner Familie auf den Mars gezogen ist, verkauft seine letzten Anteile an Facebook inklusive Whatsapp und Instagram an Jeff Bezos. Der Amazon-Boss weiß noch nicht so genau, was er damit macht, er wollte es erst mal besitzen. 

Drei Dinge, die es nach Corona in Deutschland geben wird: 

1. Richtiges Einkaufen

Der in der Bundesrepublik bislang durch und durch pragmatische, auf Sonderangebot und Billigfleisch ausgerichtete, emotionslose Vorgang wird sich nach der Pandemie grundlegend verändern. Sobald Latex-Handschuh und Atemschutz abgestreift, werden es die Deutschen in einer Nostalgie ihren (ehemals in europäischer Integration verbundenen) Nachbarn, den Franzosen, gleichtun und sich für den Einkauf Zeit nehmen. Selbst in Discountern wird nicht länger nur der Preis, sondern auch das Gemüse angeschaut, der Wein geprobt, der Kaffee gerochen, der Käse probiert. Allein die Klopapier-Regale bleiben schambehaftete Flecken der Supermärkte. Ähnlich wie beim Kondom-Kauf werden die Deutschen auch Jahre danach mit gesenktem Blick an ihnen vorbeihuschen, die Verpackungen an der Kasse mit anderen Waren verdecken und sie so unauffällig wie möglich nach Hause transportieren. 

2. Der Bayxit

Was sich schon vorher andeutete und sich währenddessen so klar abzeichnete wie nie zuvor, wird nach der Pandemie Realität: Bayern steigt aus. Niemand rollte das Corona-R so autoritär wie Markus Söder, der den blau-weißen, widerspenstigen Freistaat nach der Krise endlich in die wohlverdiente Unabhängigkeit und parlamentarische Monarchie des neuerkorenen "bayerischen Königreichs" führt. Was wird neu? Die Grenzen bleiben ganzjährig dicht und das nicht nur für Geflüchtete, sondern für alle Nicht-Bayern. Ausnahmen macht King Söder erst wieder für die Neuauflage des Post-Corona-Oktoberfest 2025: Neben ihrer deutschen und/oder österreichischen Staatsangehörigkeit müssen die Besucher*innen bei der Einreise entweder ihre Männlichkeit und einen Masterabschluss in einem MINT-Fach oder mindestens Körbchengröße D vorweisen. 

3. Neue Diskussion ums Trinkgeld

Die Branche, die während der Krise am meisten gelitten hat, ist die Gastronomie. Und auch nach Corona wird es schwierig: Künstler*innen, Musiker*innen und Mitarbeiter*innen des Kunst- und Kulturbetriebs, sonst häufige Café- und Kneipengäste, sind arbeits- und mittellos. Der frühere Kundenstamm solcher Etablissements, die freiberufliche Hipster-Bohème, die tagsüber Flat-White und abends Moscow Mule (oder andersrum) schlürfend an selten zur Realisation gebrachten Drehbüchern sitzt, lebt mittlerweile nicht mehr in der gentrifizierten Nachbarschaft, sondern wieder bei ihren Eltern im Vorort. Kranken- und Pflegepersonal sowie Mitarbeiter*innen des Einzelhandels dürfen in Deutschland bis auf Weiteres umsonst essen und trinken. Es hängt also an der im Homeoffice gebliebenen, systemirrelevanten Mittelschicht. Prognose: Alles unter 50 Euro Trinkgeld für einen Kaffee wird über lange Jahre als unhöflich gelten.

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt