Auf dem Trockenen
Dunkle Wolken haben sich über Artern zusammengebraut. Doch Bürgermeister Torsten Blümel findet in der gelungenen Metapher keinen Trost. Die thüringische Kleinstadt gilt laut Messdaten des Deutschen Wetterdienstes als trockenster Ort Deutschlands. Von den einst blühenden Landschaften zeugen nur noch drei verkümmerte Sukkulenten auf dem Fenstersims in Blümels Büro. Ein wenig Linderung verschafft sich der Verwaltungschef durch ein in der Rathauskantine stibitztes Erfrischungsstäbchen, das er in der Mitte durchbeißt und sich dessen Inhalt über seinen qualmenden Schädel schüttet. Trotz des unaufhaltsamen Klimawandels will Blümel den Kopf nicht in den Wüstensand stecken. Zwar sind die Soli-Milliarden längst irgendwo versickert. Dank der Hilfsorganisation "World Vision" konnte im dritten Dürrejahr in Folge durch Spendengelder aus Afrika zumindest ein neuer Brunnen gebohrt werden. Blümel schenkt sich einen selbstgebrannten Dörrobstler ein. Der gute Tropfen plitscht ins Glas und verliert sich auf dem Boden des Pinnekens. Noch bevor der Ortsvorsteher damit seine spröden Lippen benetzen kann, ist er bereits verdunstet. Angestoßen hätte mit ihm ohnehin niemand. "Alles Ex-Alkis hier", jammert der gebürtige Ossi. Sein Appel an die Bundesregierung ist unmissverständlich: "Lassen Sie uns im dryßigsten Jubiläumsjahr der Wiedervereinigung in Artern endlich im Regen stehen!"
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