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Arzneimittelrückstände im Wasser – Fluch oder Segen?

Es ist ein Thema, an dem sich die Geister scheiden: Medikamente nach dem Verfallsdatum zur Apotheke bringen oder doch die Toilette hinunterspülen? Arzneiabfälle verseuchen das Grundwasser und erzeugen multiresistente Krankheitserreger, sagen die einen. Apotheker verpacken  die alten Tabletten neu und verhökern sie zum doppelten Preis, sagen die anderen. Wer hat recht? Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass wenigstens eines von beiden Bedenken stark verschwörungstheoretisch anmutet und einseitig nur das Schlimmste annimmt. Bei aller gebotenen Skepsis gegenüber den ach so hehren Motiven der Pharmaindustrie stellt sich doch die Frage: Könnten uns Arzneimittel im Wasser nicht auch Nutzen bringen?

Zunächst die Fakten: 

1. Tag für Tag rauschen durch ausgeschiedene oder sonstwie dem Abwasser zugeführte Arzneimittel Millionenbeträge durch unsere Kanalisation. Diese Werte verschwinden nicht etwa im Köfferchen einer steinreichen Apothekerin, sondern werden nach einiger Zeit von Mutter Erde durch Wasserhähne, Gemüse, Energy-Drinks usw. auf natürliche Weise ausgeschieden und gleichmäßig unter allen aufgeteilt.

2. Die einzelnen Pharmazeutika im Wasser müssen nach Adam Riese dieselbe Häufigkeit aufweisen wie die zu kurierenden Gebrechen. Bei der Medikamentisierung des Wassers handelt es sich also um einen demokratischen Prozess. Jeder kann durch seine Krankheiten mitbestimmen, welches Wirkstoffprofil unser aller Wasser zukünftig haben soll. Theoretisch müsste es auf diese Weise optimal an unsere Bedürfnisse angepasst sein, doch wie wirkt sich das potente Nass in der Praxis aus?

Der erstaunlichste Effekt bislang: Erstmals konnten mit homöopathischen Arzneien nachweisbare Heilungserfolge erzielt werden. Die Wirksamkeit der Präparate erhöhte sich sogar mit der Menge an Medikamentenrückständen im Wasser. "Offenbar gibt es hier einen Zusammenhang", erklärt Prof. Dr. med. Dobermann, Inhaber des Lehrstuhls für Naturheilkunde an der Universität Duisburg-Essen. "Ob tatsächlich Kausalität vorliegt, muss in weiteren Studien überprüft werden. Vielleicht hat auch eine kosmische Eruption das Wasser quantenergetisch ionisiert." Für die Studie hatten 1000 ganz unterschiedlich erkrankte Probanden Kügelchen eingenommen, die nach hahnemannschen Grundsätzen mit Kanalwasser und Jauche hergestellt worden waren, 1000 weitere erhielten lediglich ein steril produziertes Placebo aus Zucker. Dabei profitierten die homöopathisch behandelten Patienten durchschnittlich stärker als jene der Vergleichsgruppe. "Besonders interessant für uns war, dass die klassisch zubereiteten Mittel gegen so viele Beschwerden zu helfen scheinen", schwärmt Dobermann. "Und das völlig unabhängig vom jeweils verdünnten Wirkstoff. Als hätte man alle möglichen Medikamente zu einem hochwirksamen Cocktail zusammengekippt und über die Globuli gesprüht."

Für die Anhänger der Homöopathie bestätigt sich endlich, was sie ohnehin längst wussten. Das Ehepaar Ignatia und Borax Lachesis freut sich vor allem für seine Kinder im Grundschulalter. "Es ist keine Überraschung, aber eine Genugtuung, nachdem wir jahrelang Kritik und Spott ausgesetzt waren", seufzt Vater Borax. "Wenn unsere Zwerge mal wieder über Tische und Bänke sprangen, haben wir einfach Arnikakügelchen gegeben, statt direkt zu Ritalin zu greifen. Danach saßen beide oft stundenlang hochkonzentriert auf ihrem Stuhl und lernten Lateinvokabeln." Gegenüber anderen Eltern mussten die Lachesis sich für die Anwendung der als wirkungslos verschrienen „sanften Medizin“ rechtfertigen, damit ist nun Schluss. "Endlich kann ich wieder ruhig schlafen, ohne mich abends mit Globuli zuzudröhnen", freut sich Ignatia.

Bei aller Euphorie ist jedoch auch Vorsicht geboten. Die homöopathischen Wundermittel können nämlich unerfreuliche Nebenwirkungen zeitigen. So erhöhten sich vielfach die Leberwerte, Kopfschmerzen und Bluthochdruck waren keine Seltenheit. "Der Ursache müssen wir noch auf den Grund gehen", sagt Prof. Dobermann. "Eventuell hat es etwas mit den Arzneimittelrückständen oder falscher Ernährung zu tun, Stichwort Lebensmittelmafia." Auf keinen Fall dürfe man ein homöopathisches Mittel zusammen mit einem Glas Leitungswasser einnehmen, warnt der Fachmann: "Das scheint die Wirkung nach bisherigem Kenntnisstand um ein Vielfaches zu potenzieren. Die geheime Macht der Natur ist einfach unglaublich!"

Es wird noch viel mehr zu entdecken geben, denn unser Wasser hält täglich neue Überraschungen für uns bereit. Werfen wir also unsere Skepsis mitsamt unseren unbrauchbar gewordenen Medikamenten über Bord und freuen uns auf eine Zukunft, in der es so schnell nicht langweilig wird, in der ein Schluck aus dem Wasserhahn Bronchitis, Leukämie oder eine ungewollte Schwangerschaft wirksam bekämpft. Und falls nicht, gibt es ja immer noch die umverpackten Pillen aus der Apotheke.

 

Valentin Witt

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Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg