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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Spielregeln. Showtime, Pt. 2

Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten es bekanntlich einmal besser; heute sind sich die schreibenden Fachleute und professionellen Kopfschüttler da nicht mehr so sicher: „Aus europäischer Sicht ist schwer zu begreifen, was gerade in Amerika geschieht. Kurz vor Beginn der Vorwahlen an diesem Montag in Iowa legen Umfragen nahe, daß radikale Politiker die ersten Abstimmungen gewinnen und, wenn es dumm läuft, sogar das Weiße Haus erobern könnten. Bei den Republikanern führen Donald Trump, der gegen Ausländer hetzt und Rivalen beschimpft, sowie der US-Senator Ted Cruz, der im Parlament einmal einen Aufstand gegen das Budget angezettelt hat, der beinahe zur Staatspleite geführt hätte … Unter Demokraten wächst derweil die Begeisterung für Bernie Sanders, der sich einen ,demokratischen Sozialisten’ nennt und das Vermögen in einem Ausmaß umverteilen will, wie es das Land noch nie erlebt hat.“ In summa scheine es also so zu sein, daß kein geringer Teil der US-amerikanischen Wahlbevölkerung Bewerber schätze, „die alle bisherigen Spielregeln missachten“, und Vermögen in nie gekanntem Maße umzuverteilen ist da derselbe wahnwitzige Regelbruch, wie gegen Ausländer zu hetzen.

„Menschen“, analysiert da die Morgenzeitung, „beachten Spielregeln nur so lange, wie sie das Spiel akzeptieren. In den USA aber habe viele Bürgerinnen und Bürger jede Achtung vor dem Spiel verloren –  also vor der Art, wie in Washington regiert wird und wie Geld und Macht im Land verteilt sind. Sie sehnen sich nicht nur nach einem neuen Staatsoberhaupt, sondern nach einem neuen Spiel; deswegen verehren sie jene, die neue Regeln verheißen.“ Diese neue Regel heißt im einen Fall Faschismus – kein Agitprop von mir, in seinen in den USA durchgeführten „Studien zum autoritären Charakter“, die „Demagogen“ wie Trump bereits kannten, nannte Adorno das ohne polemische Absicht so –, im anderen Fall Sozialdemokratie, wenn wir darunter nicht das verstehen, was Helmut Schmidt, Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel daraus gemacht haben.

 „Warum hat es bis heute so wenig Glorie, Anhänger der Demokratie zu sein?“ Kehlmann, 2008

Beide Regeln eint, daß sie in der konkreten Konstellation eine Art levée en masse zur Voraussetzung haben: Trump und Sanders gehen fundamental „das ,Establishment’ aus Parteien, Medien und Konzernen“ an. „Amerikas Wähler (durchaus auch jene, die sonst nie wählen und es diesmal wollen) äußern immer wieder den Verdacht, dass das System ,manipuliert’ sei. Demnach erteilt das Volk seinen Vertretern zwar einen klaren Auftrag; kaum sind die Politiker aber in Washington, schmieden sie faule Kompromisse, lassen sich von der Banken- und Industriewelt die Gesetze diktieren, kuschen vor ausländischen Mächten und kämpfen allein dafür, möglichst lange ihr Mandat zu behalten.“

Tja. Und stimmt das, abgesehen von den ausländischen Mächten, etwa nicht? Und wäre das Problem also eher eins der falschen Analyse oder eins der falschen Schlüsse, die einer daraus zieht? Daß es so nicht weitergehe, glaubten Marx und Hitler, glauben Dath und Höcke beide; daß es, zwischen stetig wachsenden Armutszahlen, Festung Europa und Handgranaten auf Ausländerunterkünfte, im Prinzip so weitergehen müsse, glaubt der Nicolas Richter von der SZ. Der ist gegen Trump, weil der ein Ressentiment abgreift, dessen Substrat, die Klassengesellschaft, der Richter nicht sehen kann (besser: will), und gegen Sanders, weil „kaum jemand die Frage zu stellen scheint, wer all seine Wohltaten bezahlen soll“. Und allein die treudumme Frage ist schon wieder so sehr Establishment und Manipulation, daß „Lügenpresse“ nur deshalb das falsche Wort ist, weil das zugehörige Ressentiment die Volksgemeinschaft will und nicht das Glück für alle.

Die Regeländerung als solche zu perhorreszieren hat zu den Verhältnissen geführt, die wir haben und die, wo der Sozialismus als „Unvernunft“ (Richter) ja nicht zu bezahlen ist, dann eben ein Festival der Hand- und Arschgranaten wird. It's showtime; auch aus europäischer Sicht.




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Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg